Was bin ich froh, dass es mittlerweile einige tolle Kochbücher gibt, die das Wild meiner Jugend, das in dicker Wurzelsauce ersäuft wurde, einfach zum Schämen in die Ecke stellen, wo es hingehört. Und genau so ein Kochbuch ist das hier. Aber zuerst zum Autor: Martin Kintrup ist gelernter Landschaftsökologe und schreibt seit vielen Jahren Kochbücher, etliche davon sind preisgekrönt.
Wild ist ein Fleisch, das meiner derzeitigen Ernährung sehr entgegenkommt: Die Tiere leben stressfrei im Wald, sie bekommen weder Medikamente noch andere Nahrungszusätze, die Fahrt zum Schlachthof gibt es nicht. Und es regional.
Dieses Kochbuch zeigt Wild auf eine moderne, unkomplizierte und unaufgeregte Art: Die 70 Rezepte sind alle recht flott nachkochbar und man braucht keine dramatischen Zutaten oder Küchengerätschaften.
Auf dem Foto links sieht man das Inhaltsverzeichnis: Es ist nach Wild-Arten gegliedert. Hier erlaube ich mir, einen Bezugsquellentipp für Wien zu geben: Wenn man keinen Jäger kennt, gibt es die Möglichkeit, bei Wiener Gusto Wild zu bestellen. Salami und Wildschinken habe ich beim Pöhl am Naschmarkt gekauft.
Durch viele Tipps sind die Rezepte auch gut wandelbar: Zum Beispiel gibt es ein Kapitel mit verschiedenen Panierungen, ein anderes mit Marinaden, noch ein anderes mit möglichen Beilagen etc. Auch bei der Verwendung vom Fleisch sind nicht nur "Sonntagsstücke" wie Filet in Verwendung, sondern durchaus auch mal Faschiertes oder günstige Teile.
Dass der Autor auch Foodstylist ist, sieht man den Fotos wirklich an, denn die sind sehr appetitlich. Das Essen ist immer dort, wo ich es gern sehe: Auf Tellern, in Schüsseln, auf Tabletts etc.
Die Rezepte sind wie auf dem Foto links zu sehen gegliedert in ein Zutatenregister und einer Anweisung für die Zubereitung. Alles ist klar beschrieben und ist daher auch für Anfänger gut machbar.
Insgesamt finden sich etwa gleich viele Rezepte "für schön" wie für den Alltag, ebenso gleich verteilt sind die Rezepte mit Fleisch im Vordergrund/Fleisch im Hintergrund. Was mir fehlt, ist ein Register.
Und nun geht es ans Nachkochen.
Köttbullar mit Kartoffel-Erbsen-Stampf
Das Rezept funktioniert problemlos in den dafür angegebenen 35 Minuten. Uns hat es sehr gut geschmeckt.
Ich werde das Rezept im nächsten Posting vorstellen.
Baguette mit Salami und Grillpaprika
Nachdem meine Minipaprika sehr gut tragen, war das eine willkommene Abwechslung auf dem Speiseplan. Die Paprika werden gegrillt und nach einer Ruhezeit zieht man die Haut ab, danach werden sie mit Honig und Rotweinessig mariniert. In der Zwischenzeit wird eine Ziegenfrischkäsecreme zubereitet, die auf die Baguettescheiben kommt, da drauf legt man Wildsalami. Als Topping kommen Basilikum und Paprika auf das Baguette. Aufwändig für "nur ein belegtes Brot", aber ausgezeichnet für einen feinen Starter in ein schönes Essen.
Pizza Bianca mit Wildsalami, Lauch und Chili-Honig
Ich muss ja sagen, dass der Chili-Honig, der ganz zum Schluss über die Pizza geträufelt wird, unsere Herzen im Sturm erobert hat. Chili, flüssiger Honig, edelsüßes Paprikapulver und Cayenne sind eine sehr geniale Kombination! Und der Rest von der Pizza war auch sehr gut: Bei mir kamen zusätzlich noch ein paar Würferl aus gebratenem Kürbis oben drauf, was sich super gemacht hat.
Mini-Hackbraten
Eine sehr nette Idee, Hackbraten mal nicht großformatig zu machen, sondern portionsweise zu braten. Das verkürzt auch die Bratzeit. Gewürzt wird die Masse unter anderem mit Ayvar, was sich sehr gut macht!
Kräuterfilet mit Ofenrösti und Rahmpilzen
Ich musste ja doch auch mal ein Filet-Rezept ausprobieren und muss sagen, dass die Angaben, wie viel Grad das Thermometer anzeigen soll, super gepasst haben. Gerade für Fleischsorten, die man selten verwendet, finde ich solche Hinweise extrem sinnvoll. Aber auch sonst war es ein Rezept, das funktioniert hat und das für Gäste sehr gut machbar ist, weil man die Rösti einfach nur ins Rohr schieben muss.
Spaghetti mit Wildschinken und Eierschwammerln
Im Kochbuch heißt das Rezept "Cacio e Pepe", was soweit auch stimmt, als die Zubereitung wie bei Cacio e Pepe funktioniert, aber dann kommen noch gebratene Salbeiblätter, Wildschinken, Eierschwammerl und Knoblauch ins Spiel, was sie zu einer hervorragenden Jäger-Pasta macht, wie wir sie sofort umgetauft haben.
Was es nach dem Kochen zu sagen gibt: Wie man an der Menge der nachgekochten Rezepte sieht, hat es sehr viel Spaß gemacht, aus diesem Buch zu kochen. Es ist anfängertauglich und hat dennoch auch für alte Hasen wie mich jede Menge zu bieten.
Nach der Buchbesprechung habe ich natürlich weiter aus dem Buch gekocht, zum Beispiel das da:
Piccata milanese
Aus Damwild wird dieses Schnitzel gemacht und es schmeckt sehr gut. Ich dachte erst, die Panierung ist aber recht dünn, aber die wird dann beim Backen wirklich schön fluffig und plustert sich wie beim Wiener Schnitzel auf. Hat uns sehr gefallen.
Im Buch gibt es dazu Pasatinaken-Püree, wir haben klassisch Spaghetti mit Paradeisersauce dazu gegessen.
ISBN 978-3-7843-5755-3
Umfang:144 Seiten
Format: 19,5 x 25,5 cm
Hardcover mit Spotlackierung und Lesebändchen
Bestellen kann man das Buch wie immer beim Buchhändler ums Eck, direkt beim Verlag oder im Internet bei einem der vielen Buchhändler, die versenden.
Die Links sind alle keine Affilate-Links.
Danke an den Landwirtschaftsverlag Münster, der mir das Buch für die Rezension zur Verfügung gestellt hat.
Sehr schöne Rezepte, obwohl ich Wild in Wurzelsauce wie früher auch gern mag. 😉
AntwortenLöschenDanke für den Tipp für Wiener Gusto, eine tolle Sache. Leider bin ich momentan zu wenig oft zu Hause...
Lg
Zum Glück hat jede einen anderen Geschmack, sonst würden bestimmte Lebensmittel immer knapp sein, während andere aussterben.
LöschenIch kauf im Supermarkt immer das Mehl vom Gusto. Ist gut und bio und heimisch.
Hmmm, auf deine Köttbullar mit Kartoffel-Erbsen-Stampf freue ich mich jetzt schon, das sieht sehr lecker aus. Wild mag ich sehr, hab vielen Dank für deine schöne Buchvorstellung.
AntwortenLöschenDanke für das Kompliment! So gute Bücher bespreche ich gern.
LöschenEin sehr schönes und abwechslungsreiches Buch, toll vorgestellt. Kreative Wildküche ist hier immer willkommen- erst gestern einen Rehbraten in einer Gaststätte vorgesetzt bekommen, bei dem ich dachte- naja, hättest du mal leiber selber Hand angelegt.
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