Donnerstag, 19. Oktober 2023

Afghanische Küche von Sarghuna Sultanie

 

Dass ich so ein Ding mit der afghanischen Küche habe, wisst ihr ja. Daher hab ich mich sehr gefreut, als ich dieses neue Kochbuch gesehen habe. Die Autorin Sarghuna Sultanie ist gelernte Chemikerin, kam 1980 nach Deutschland und hat nun mit 80 Jahren dieses Kochbuch geschrieben. Hier ist ein netter Artikel über sie. Ihre Geschichte ist tragisch, sie musste wie so viele ihrer Landsleute aus der Heimat fliehen. Nun hat sie die Gerichte, die sie seit vielen Jahren nachkocht, auch aufgeschrieben.

Man hat ja leicht einmal das derzeitige Afghanistan vor Augen, in dem dunkle Mächte ihr Unwesen treiben, aber in meiner Kindheit war das ein reiches Land im Aufbruch. Die Autorin schreibt auch, dass sie sich an die pulsierende Musikszene erinnern kann und selber in Stiefeln und Miniröcken gegangen ist. Sie selber kam nach Studienabschluss mit einem Stipendium nach Bonn, danach hatte sie eine führende Position in Afghanistan in einem deutschen Chemiekonzern, bis sie Hals über Kopf mit ihrer Familie aus dem Land flüchten musste.


Das Buch ist echt schön gemacht! Das Layout ist unkompliziert und klar. Der Prägedruck auf dem Cover zeigt die Wertigkeit, der bunte Einband und die vielen privaten Fotos der Autorin nehmen einen mit in ein Land der Farben und Aromen. Man darf ja nie vergessen, dass Afghanistan sehr nah an Indien, dem Land der Gewürze, liegt, und über lange Zeit die Routen der Gewürzhändler durchgegangen sind, somit auch viele Farben in der Küche in diesem Land heimisch sind. Die Kochfotos hat die Tochter der Autorin gemacht, die sind durchwegs schön und zeigen Wertschätzung.

Inhaltlich sind die 80 Rezepte in die Kapitel "Getränke, Brot und Chutneys", "Salate, Suppen und kleine Gerichte", "Fleisch- und Gemüsegerichte", "Reisgerichte" sowie "Süßes und Gebäck" gegliedert. Es finden sich 80 Rezepte im Buch, die jeweils in Zutatenregister und eine Kochanweisung gegliedert sind. Außerdem finden sich zusätzliche Tipps bei etlichen Rezepten.

Zur Machbarkeit der Rezepte hier ein ganz großes Lob an die Autorin: Der Beruf der Kochbuchautorin ist offensichtlich ein ganz großer Vorteil. Ich habe Chemiker oft als sehr pingelig kennengelernt und das zeigt sich auch hier. Die Anweisungen sind ganz klar, auch die Zutatenliste ist sehr exakt. Und das ist gerade bei einer Küche, in der man nicht so zuhause ist, enorm wichtig. Da steht ganz selbstverständlich dabei, dass die Kardamomkapseln leicht angestoßen sein müssen oder wie schwer eine kleine Chili sein soll. Damit ist das Buch wirklich auch für Anfänger sehr gut geeignet.

Auch der Umgang mit den ganzen Aromen ist eine Freude: Es wird in eigenen Einschüben gut erklärt, wie sich indische, iranische und afghanische Küche unterscheiden. Das auseinanderzukennen ist auch für Leute wie mich nie ganz einfach, weil ja dieselben Gewürze verwendet werden. Aber durch die exakten Angaben und die Beschreibungen habe ich mir sehr leicht damit getan, die Seele der afghanischen Küche besser zu durchschauen.

Was in diesem Buch nicht der Fall ist: In Afghanistan sagt man, dass die Lippen der Gäste glänzen müssen, wenn sie vom Tisch aufstehen. Sprich: Es wird jede Menge Fett verwendet. Es wird natürlich auf diese Eigenheit der Küche Rücksicht genommen und 100 ml Öl in einem Rezept gibt es auch, aber die meisten Rezepte sind dann doch eher westlich gehalten, was die Menge an Fett angeht, was ich dann auch nicht so falsch finde.

Sehr fein ist, dass es Rezepte sind, die zeigen, da wird für große Familien gekocht. Es sind viele Gerichte, die man einfach in einer großen Schüssel oder auf einer Platte in die Mitte des Tisches stellen kann und alle bedienen sich. Das kommt meinem Kochstil sehr entgegen, denn genau das mache ich, wenn wir viele Gäste haben.

Und nun geht es ans Nachkochen.


First Things First: Reis ist DAS Lebensmittel in der afghanischen Küche. Und damit wird in dem Buch der Zubereitung von den verschiedenen Reissorten sehr viel Wert gelegt. Was ich erstmals in einem afghanischen Kochbuch gesehen habe: Es werden auch etliche Gerichte mit Rundkornreis gekocht.

Auf dem Foto zu sehen ist Tschalau, das ist die klassische Beilage zu den meisten afghanischen Gerichten bzw. sogar deren Hauptzutat. Entsprechend viel Wert wird auf die Zubereitung gelegt.

Boranie Kaddu ist ein ganz klassisches Kürbisgericht, das es in einer anderen Variante auch schon hier am Blog gibt. Hier ist es ein vegetarisches Hauptgericht, das einfach mit Fladenbrot serviert wird. Es ist einfach zu kochen und schmeckt!
Feines Lammragout nach Kaschmirart hat uns sehr gut geschmeckt. Besonders die durch Joghurt und Zitrone bedingte Säure in dem Gericht macht sich hervorragend! Irgendwie hat es mich an das österreichische Kalbsrahmgulasch erinnert, das ja auch mit Zitrone abgeschmeckt wird, aber dann ist es doch wieder ganz anders, weil Minze und viele  Gewürze des Ostens mitspielen.

Aschak sind afghanische Teigtaschen, die hier mit Lauch gefüllt sind. Serviert werden sie mit einer Topfen- und einer Fleischsauce. Ich gestehe, dass ich die sehr viel lieber koche als Mantu, das sind auch afghanische Teitaschen, denn sie sind deutlich größer und damit nicht so eine Spielerei beim Füllen und Falten. War ein sehr gutes Essen.









Mastawa war mein Highlight und das werde ich im nächsten Posting vorstellen.







Was es nach dem Essen zu sagen gibt? Dass Afghanistan ein Land ist, das in Europa ganz sicher seine kulinarischen Spuren hinterlassen wird, ist mir schon länger klar. Das Kochbuch hat mich darin wieder bestärkt. Es ist ein sehr exakt gearbeitetes Buch, was das Arbeiten sehr einfach macht. Es sind keine speziellen Kochtechniken nötig und die Besorgung der Zutaten ist auch simpel. Durch die vielen Erzählungen der Autorin und die privaten Fotos lernt man die Seele der afghanischen Küche gut kennen. Ganz klare Empfehlung!


Fakten zum Buch
ISBN 978-3-8310-4634-8 
Erscheinungsdatum: März 2023 
Umfang: 224 Seiten
Format: 200 x 254 mm
Aufmachung: fester Einband (Mit Kupferfolie und strukturiertem Einband) 
Über 150 farbige Fotos 

Wie immer: Man kann das Buch in der Buchhandlung ums Eck bestellen, solange es die noch gibt, oder direkt beim Verlag.

Danke an den DK Verlag, dass er mir das Buch für die Rezension zur Verfügung gestellt hat.

Die Links sind alle keine Affilate- oder sonstige Werbelinks.

 

4 Kommentare :

  1. Das klingt nach einem schönen Kochbuch aus einem Land, das es traurigerweise so nicht mehr gibt. Ich finde es nicht unwichtig, dass auch die Esskultur dokumentiert wird.
    Mir haben die afghanischen Gerichte, die ich bisher gekocht habe, auch immer gut geschmeckt...

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Afghanische Küche ist wirklich richtig gut! Daher bin ich echt froh über dieses Kochbuch.

      Löschen
  2. Wie schön, dass du hier dieses Buch vorstellst. Unter der afghanischen Küche hätte ich mir nichts vorstellen können, jetzt weiß ich wenigstens, welches Buch du empfehlen würdest.
    Liebe Grüße
    Sigrid

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ja, afghanische Küche kann echt was! Und dieses Kochbuch auch.

      Löschen

Über Kommentare freue ich mich! So schnell es mir möglich ist, antworte ich darauf.

Bitte keine Spams, keine Werbung, keine politische Propaganda oder gar verbotene Sachen - das alles fliegt raus!

In Zeiten der DSGVO muss ich darauf hinweisen: Mit der Nutzung dieses Formulars erklärst du dich mit der Speicherung und Verarbeitung deiner Daten durch die Software dieses Blogs einverstanden.