Enthält Werbung (Rezensionsexemplar, Verlinkungen, Namensnennungen) ohne Auftrag, ohne Bezahlung
Als erstes muss ich euch erzählen, wie ich an Hasnain Kazim geraten bin: Ich bin auf Twitter stille Mitleserin und eines Tages stolperte ich über folgenden Tweet von ihm: "Ich hatte gerade ein Videogespräch mit einem Talibanvertreter. Dieser Pimpf ließ sich allen Ernstes über meinen Bart aus, dass der nicht lang genug sei und 'nicht den Regeln des Islam' entspreche. Ich sagte ihm, dass ich ihn in zehn Minuten noch einmal anrufe, legte auf, (…) rasierte den Bart ab, rief ihn erneut an − und er verstand meine Botschaft. Aber das Gespräch war dann auch sehr schnell beendet." Wie elegant!
Nun folge ich Hasnain Kazim und es war bisher entweder interessant oder nett oder zum Lachen − wie auch immer, jedenfalls eine Bereicherung. Und dann stand also da, er hat ein Kochbuch geschrieben!
Zur Vita vom Autor: Hasnain Kazim wurde 1974 in Oldenburg geboren und ist Sohn indisch-pakistanischer Einwanderer. Er wuchs in Hollern-Twielenfleth, vor den Toren Hamburgs, und in Karatschi in Pakistan auf, studierte Politikwissenschaften und schlug eine Laufbahn als Marineoffizier ein. Er ist nun schon länger Journalist, arbeitet für Die Zeit, taz, Süddeutsche Zeitung und den Deutschlandfunk und hat schon viele Preise für seine Arbeit erhalten. Seit sieben Jahren lebt er in Österreich. Er ist mittlerweile eine kräftige Stimme gegen Intolzeranz und Rassismus geworden.
Nicht umsonst hat das Buch den Untertitel: Weisheiten und Rezepte, erst die Weisheiten, dann die Rezepte, denn ganz eindeutig stehen die Texte für mich im Vordergrund. So als Beispiel: Wie ihr wisst, habe ich ja nun erstmals Mangos von Crowd Farming gekauft und war entzückt, weil die Mangos so gut waren. Also kam es gerade recht, dass in dem Buch auch Mango-Rezepte (Mango Lassi und Mango-Eis) sind, außerdem ein Kapitel Keine Ode an die Mango. Wusstet ihr, dass es mehr als 1000 Sorten Mangos gibt? Dass Mao Zedong einen Mango-Kult betrieben hat? Dass die Mango ein Symbol für Maos Liebe zu seinem Volk geworden war und dass Mangos damals alles an Konsumartikeln zierten, was man sich vorstellen kann? Dass und wie man vollreife Mangos am besten nackt in der Badewanne isst? Wie das genau geht, verrat ich euch aber nicht, denn ich hätte gern, dass ihr dieses Buch kauft.
Wie in jedem anderen Kochbuch sind die Rezepte gegliedert in ein Zutatenregister und eine Beschreibung, wie man das Gericht kocht. Die Texte sind nicht so sehr beschränkt auf knappe Anweisungen, sondern sie sind detailreich beschrieben, sodass auch Anfänger gut damit umgehen können. Vor allem versucht der Autor, quasi die Seele der Gerichte einzufangen, indem er immer rund um das Gericht bzw. das Lebensmittel gut recherchierte Texte präsentiert. Als Journalist kann er natürlich gut schreiben und entsprechend kurzweilig sind die Texte.
Ein bissl unhöflich ist da Buch, denn es ist kein Register hinten drinnen. Auch wenn mir klar ist, dass das Buch ein Lesebuch ist, wäre das hilfreich beim Auffinden von Zutaten oder Rezepten nach Namen.
Insgesamt findet man quasi eine Grundausstattung an multikulturellen Rezepten in dem Buch: Es werden Eier gekocht, diverse Curries zubereitet, etliche Gemüsesorten verarbeitet, Brote vieler Art gebacken, also alles, was man so braucht, ist zu finden. Und halt jede Menge Philosophisches: Von der Zutat Zeit bis zur Kultur des Teilens findet man die wichtigsten Lebensgrundlagen.
Gewidmet ist das Buch übrigens "All den Menschen, die selbstlos und großherzig anderen Menschen Platz an ihrem Tisch anbieten". Ich finde, dass diese Worte sehr viel über das Buch sagen. Es geht nämlich nicht nur um das Essen an sich, sondern auch um das Drumherum, das für mich das Kochen unter anderem so wichtig macht: Menschen, mit denen man um einen Tisch gesessen ist, mit denen man gemeinsam gegessen und getrunken hat, mit denen führt man selten Krieg.
Ja, ich habe natürliches einiges aus dem Buch nachgekocht.
Lasst sie Lassi trinken
So, das ist auch gleich das Rezept, das ich hiermit vorstelle, nämlich Mango Lassi. Nämlich man nehme vollreifes Mangofruchtfleisch (im Buch aus der Dose), Milch und Vollmilchjoghurt zu gleichen Teilen, alles gut gekühlt, mixe alles und verziere es mit einem Minzblatt. Es steht natürlich dabei, dass man mehr Milch nehmen kann, wenn einem der Brei zu dick wäre. Ich mag dickes Lassi, weil für mich ist das nicht nur ein Getränk, sondern das geht als kleines Mittagessen durch und damit darf das ruhig dick sein.
Pfannenglück
Die Rezepte haben natürlich nicht so schnöde Namen wie Palatschinken (was ich übrigens als Wort sehr schön finde) oder Pfannkuchen. Das Rezept funktioniert, wobei ich da schon Butter dazu reklamieren möchte, zumindest zum Backen, besser auch noch geschmolzen in den Teig hinein, denn die im Buch werden in Sonneblumenöl herausgebacken. Aber das Rezept ist einfach und es funktioniert, also alles im grünen Bereich.
Rotkraut/Blaukraut/Rotkohl/Blaukohl
Ja, die Rezeptnamen werden tatsächlich genau so im Buch verwendet und konsequent auch bei jeder Namensnennung so bezeichnet. Konfliktfreie Namensgebung nennt man so etwas.
Auch hier wieder ein einfaches und gelingsicheres Rezept mit Zwiebel, Apfel, Zucker, Essig, Salz, Pfeffer, Lorbeer, Öl und Rotwein − schnörkellos und einfach gut.
Die große Zwiebelmettbrötchenspaltung
Mettbrötchen nehmen in dem Buch breiten Raum ein. Mir kommt das sehr entgegen, denn bei uns in Österreich isst man so etwas nicht und ich habe wenig Ahnung von Mettbrötchen. Es gibt auch eine vegane Variante von Mett in dem Buch und die habe ich ausprobiert. Es ist ein sehr zwiebeliger Brotaufstrich auf Basis von Reiswaffeln. Kann man machen.
Curry, das Gericht des südlichen HimmelsMit großem Verstand für Curry und die entsprechenden Gewürze wird dieses Hendlcurry zubereitet.
Nachdem der Autor Curries liebt und ganz offensichtlich auch sehr gut kann, finden sich in dem Buch noch etliche andere Curry-Rezepte, z.B. ein Kichererbsencurry oder ein "Kindercurry" mit Faschiertem. Alle klingen empfehlenswert.
Ein alltagstauglicher feiner Gurkensalat, wieder ein Rezept ohne viel Schnickschnack. Mit Obers (= süßer Sahne) kannte ich Gurkensalat bisher nicht, aber die passt genau so gut wie Sauerrahm. Ausnahmsweise hatte ich keine Chili daheim, beim Rezept steht dabei, dass ein wenig davon sehr gut zu dem Salat passt, was ich mir gut vorstellen kann.
Zur Erklärung: Dämmstoff I sind in diesem Buch Melanzani (=Auberginen), da er lange Zeit der Meinung war, dass dieses Gemüse nicht zu mehr zu gebrauchen ist. Bei diesem Rezept wird Dämmstoff II (Zucchini) mit Schinken, Zwiebel, Paradeiser, Knofel, Frischkäse und Gewürzen gefüllt. Bei mir war oben drauf noch ein Rest Käse, was dem Essen sicher nicht geschadet hat. Wieder ein Rezept, bei dem man kaum etwas falsch machen kann und das sehr simple Feierabendküche zeigt.
Was es nach dem Nachkochen noch zu sagen gibt: Ja, es ist ein Kochbuch. Nein, ich würde es nicht wegen der Rezepte kaufen. Die sind in der Tat alle gelingsicher und alltagstauglich, aber man sollte das Buch kaufen, wenn man gerne liest und nette Geschichten über den Hintergrund oder Gedanken zu bestimmten Gerichten wissen will. Mit 20 Jahren wäre ich mehr als glücklich gewesen, wenn ich dieses Buch in Händen gehabt hätte, denn man bekommt quasi eine Grundausstattung an Rezepten und lernt viel übers Essen und übers Leben. Was ich dringend empfehlen kann: Schenkts das Buch jemandem, der gern liest und gern gut isst, aber nicht kochen kann. Ich denke, man macht solchen Leuten eine Freude mit dem Buch, weil es sich wirklich locker liest, und vielleicht kochen die dann ja auch mal was daraus nach und sehen, dass Kochen Spaß machen kann und keine Hexerei ist.
Wer noch mehr wissen will: Hier geht es zur Leseprobe vom Verlag, da kann man sich ein genaueres Bild machen.
Fakten zum Buch
ISBN: 978-3-328-10909-9
Erschienen: 13.10.2022
Umfang: 240 Seiten
Format: 13,5 x 20,6
Paperback, Klappenbroschur
55 farbige Abbildungen
Bestellen kann man das Buch wie immer beim Buchhändler ums Eck, direkt beim Verlag oder im Internet bei einem der vielen Buchhändler, die versenden. Die Links sind alle keine Affilate-Links. Danke an den Penguin Verlag, der mir das Buch für die Rezension zur Verfügung gestellt hat.
Ich mag ja Haznain Kazim sehr. Hier liegt von letztem jahr noch "Mein Kalifat", komplett mit Visum, Aufenthaltsgenehmigung und Widmung. Um das Kochbuch habe ich mich bisher gedrückt, aber mir scheint, ich muss doch....
AntwortenLöschenJa, um darin zu schmökern ist das Buch perfekt!
LöschenDas klingt, als ob ich gerne darin lesen würde. Hab vielen Dank für die Vorstellung, bisher kannte ich den Autor nicht, das muss sich jetzt ändern.
AntwortenLöschenDer Mann ist echt toll! Allein deswegen sollte man das Buch haben.
LöschenSeine Bücher gibts auch als e-books, danke für den Tipp, ich kannte den Autor bis jetzt auch nicht.
AntwortenLöschenIch steige auch immer mehr auf e-books um. So viel Platz haben wir nicht, wie ich Bücher brauche ...
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