Montag, 23. November 2020

[Buchbesprechung] Flavour von Yotam Ottolenghi

Enthält Werbung (Rezensionsexemplar, Verlinkungen, Namensnennungen) ohne Auftrag, ohne Bezahlung.

Das ist tatsächlich meine 100. Buchbesprechung! Und dann darf ich auch noch DIESES Buch rezensieren. Das ist tatsächlich das zweite Buch in diesem Jahr, das mir den Mund vor Staunen offen stehen lässt (Nr. 1 war Asien vegetarisch). Ich bin ja bekennender Ottolenghi-Fan, aber was er hier gemeinsam mit Ixta Belfrage zeigt, ist wirklich neu.

Aber von vorn. Ottolenghi kennnt man wahrscheinlich eh, aber sicherheitshalber: Er ist gelernter Patissier mit israelischen Wurzeln, lebt in London  und betreibt dort einige Restaurants (Ich war 2012 in dem in Islington essen.) Die Wurzeln von Ixta Belfrage liegen in Brasilien, Kuba und Italien, die meiste Zeit hat sie in Mexiko gelebt, seit vier Jahren kocht sie für Ottolenghi in London. Zusammen haben sie nun dieses Gemüsekochbuch gemacht, das sich sehen lassen kann.

Das Buch enthält zwar jede Menge Rezepte, aber für mich ist es schon auch etwas wie ein Lehrbuch zum Thema, was muss man tun, damit Essen gut schmeckt. Es werden drei grundlegende Faktoren herausgearbeitet, wie man beim Kochen zu geschmacksintensiven Ergebnissen kommt: "Prozesse" (Rösten, Bräunen, Ziehenlassen, Reifung), "Partner" (Süße, Fett, Säure, Chilischärfe) und "Produkte" (Pilze, Zwiebeln und Knoblauch, Nüsse und Samen, Früchte und Alkohol). Diese drei Faktoren dominieren auch das Inhaltsverzeichnis, das darüber hinaus noch eine Einführung, "20 Zutaten für mehr Geschmack", "Geschmacksbomben", "Menüvorschläge für Alltag und Feste" sowie ein Register und Danksagung enthält.

Das Buch eignet sich sicher gut für Veganer und Vegetarier, aber es werden durchaus mal Sardellen, Fischsauce oder Milchprodukte verwendet, doch alles sparsam. Woran ganz sicher nicht gespart wird, sind Knoblauch und Chili. Übrigens viele verschiedene Arten von Chili! Ich bin entzückt! Das heißt aber nicht, dass das Essen durch übermäßige Schärfe gekennzeichnet ist, sondern die verschiedenen Chilisorten werden sehr gezielt eingesetzt, um den Geschmack noch mehr herauszuarbeiten. Auch beim Knoblauch war ich teilweise erstaunt, dass da in manche Rezepte Unmengen davon reinkommen, doch das fertige Gericht schmeckt dann wunderbar aromatisch, aber knofelt nicht bis zum Umfallen. Keine Sorge, es gibt auch Rezepte ganz ohne Knofel.

Wovor man keine Angst haben darf, sind lange Zubereitungszeiten und ausgefallene Zutaten. Gleich die vier ersten Zutaten, die im Zutaten-Kapitel genannt werden, sind verschiedene Chilis, es folgen noch weitere scharfe Zutaten. Fischsauce, gemahlener Kardamom, getrocknete Limetten (hier am Blog als Tee und im Quinoa-Salat), Hibiskusblüten, Masa Harina und Miso sind einige weitere Exoten, die man für die Rezepte braucht. 

Belohnt wird man mit Aromabomben-Essen. Aber immer alles im Rahmen. Man braucht sich nicht fürchten, dass das so schmeckt wie damals, als Mama mal den Maggisuppenwürfel überdosiert hat, sondern es wird immer das Aroma der Hauptzutaten herausgearbeitet. 

Die Rezepte sind sehr gut beschrieben. Ich bin sicher, dass auch Anfänger damit gut klar kommen. Manche Sachen dauern endlos, aber kompliziert sind sie nicht. Es gibt auch etliche Fotos, die Zubereitungsschritte zeigen. Also insgesamt ist nichts in dem Buch, das einen schrecken könnte. Die Rezepte sind übrigens nicht nach Jahreszeiten oder anderen Kriterien, wie man sie aus Kochbüchern gewöhnt ist, unterteilt, sondern eben nach diesen drei Hauptfaktoren Prozesse, Partner und Produkte. Womit das Buch aber dann schon abschließt, sind süße Sachen, wie halt ein Menü beendet wird. Die Rezepte sind durch die Bank keiner Weltgegend zuordenbar.

Die Fotos sind wie immer bei Ottolenghi-Büchern sehr lässig. Also keineswegs lässig in Richtung schlampert, sondern von einer lässigen Eleganz mit einer erfreulichen Selbstverständlichkeit. Sie sind klar und hell und zeigen das Essen dort, wo ich es gern sehe: Im Topf, am Teller oder anderen Orten, wo sie hingehören, nicht gleichmäßig über den Tisch verteilt. Es gibt natürlich auch Fotos von Belfrage und Ottolenghi, aber auch da keinerlei Aufdringlichkeiten, die die Stars in den Himmel heben würden.

Bevor ich aber noch länger dahinschwelge, widme ich mich dem Nachkochen. Ich werde bei den einzelnen Gerichten versuchen zu erklären, was dabei für mich so neu war.


Gebackener und eingelegter Knollensellerie

Das ist ein ganz typisches Gericht aus diesem Buch: Die eine Sellerieknolle wird 3 Stunden im Rohr geschmort, bis sie karamellisiert. Eine weitere Sellerieknolle wird in feine Streifen geschnitten und muss ein paar Stunden im Kühlschrank durchziehen. Die beiden Selleriegerichte werden miteinander serviert und sind ein Hammer! Da man den Salat im Kühlschrank bis zu drei Tage aufbewahren kann, habe ich gleich mehr gemacht, der war ruck-zuck weg, weil er so aromatisch gewesen ist.

 

 


 

 

Kaffee-Pandan-Pudding

Da waren tatsächlich noch ein paar Pandanus-Blätter im Tiefkühler, daher kam das Rezept gerade recht. Bitte das war so gut! Pandan hat einen Geschmack, der entfernt an Vanille erinnert, perfekt dazu passt der darüber verteilte Kaffeesirup. Selten habe ich eine dermaßen perfekte Geschmackskombination gegessen.  Auch hier ist die Zubereitung einfach, aber dauert! Die Pandanblätter müssen längere Zeit in der Milch ziehen, der fertige Pudding braucht lange zum Durchkühlen und wohl auch, damit sich die Aromen gut vermischen.




 

Portobello-Steaks und Püree aus Riesenbohnen

Mit der Kleinigkeit von 10 Knoblauchzehen, zwei verschiedenen Chilis und vielen anderen Gewürzen kommen die Pilze für eineinhalb Stunden ins Rohr. Belohnt wird man mit einem ganz herausragenden Gericht, das wir ganz sicher wieder essen werden. Auch die Kombination mit den weißen Bohnen war fantastisch.

Wer dieses Rezept nachkochen mag, schaut bitte zur Susanne Magentratzerl.





 

Mafalde mit geröstetem Butternusskürbis in warmer Joghurtsauce

Hier nimmt das Gericht die Idee eines Korma auf, einem asiatischen Gemüseschmorgericht auf Joghurt-Basis. Hier wird die Joghurtsauce unter ständigem Rühren 15 min. lang erhitzt, das heißt, sie gerinnt nicht, wie das sonst bei Korma leicht passiert. Dazu gibt es eine schnelle Chili-Sauce, die wirklich sehr gut zu diesem Essen passt. Das Gericht kommt auf die Lieblingskürbisgerichteliste.

 

 

 

 

 

 

Gurkensalat à la Xi´an Impression

Wer meine Lieblingsgurkensalate (Chinesischer Gurkensalat und Sesam-Gurkensalat) schon ausprobiert hat, hat vielleicht eine ungefähre Vorstellung von diesem Salat. Die Gurke wird hier nicht geprügelt, sondern von Hand geknetet und leicht zerdrückt, anschließend mit einer chinesischen Vinaigrette länger mariniert. Dann kommt aber der Clou: Die Gurken werden abgetropft und kommen auf einen Saucenspiegel aus Tahin, Sojasauce und Mirin. Wirklich total gut! Ich bin sicher, im Sommer geht das bei mir als mittägliches Hauptgericht durch, weil der Salat schön kühlt und durch die Tahin-Sauce viel Körper mit sich bringt




Ofenpommes mit Curryblatt-Mayonnaise

Endlich einmal ein Gericht, das quasi Alltag ist und auch in Alltagszeit machbar ist. Die Erdäpfeln werden geschnitten und mit Salz und Öl im Rohr gegart. Der Clou ist dann die limettige Curryblatt-Mayo dazu. Dazu passt, dass die Pommes mit Limettensalz gewürzt werden.






 

 

Gegrillte Feige mit Shaoxing-Dressing

Das war bei uns ein Erntedank-Essen: eigene Feigen, eigener Rucola, eigene Schokolade-Habaneros, dazu eine Kombination aus hellem und dunklem Reisessig und etlichen anderen Gewürzen − war sehr gut! Aber wenn man denkt, ein schneller, kleiner Salat, der hat das Reifen nicht bedacht, das passiert, wenn man die Feigen bis zu drei Tage im Voraus zubereitet. Keine Ahnung, ob das nur das Mischen der Aromen ist oder irgendetwas Spezielles beim Reifen passiert, jedenfalls kommt nach der Wartezeit im Kühlschrank ein ganz feines Aromenspiel heraus.




 

 

Mandarinenflan mit Ancho-Chili

Das ist das Rezept, das ich hier vorstellen werde.









Nach der Rezension nachgekocht

Kohlrabinudelsalat

Bitte der Salat hat eine Fantastilliarde Zutaten! Aber die Summe von allen verursacht ein arges Aromenfeuerwerk. Was mir sehr gut gefallen hat: Da ist auch ein wenig Schärfe dabei. Ich war recht verwundert, als ich den Ingwer, der da auch drinnen ist, abgewogen habe, denn das ist doppelt so viel wie die normale "Daumengröße", die ich normalerweise in asiatischen Gerichten verwende. Dazu kommen noch Pul Biber und Sichuanpfeffer im Topping. Alles miteinander macht ein wunderbares Kribbeln auf der Zunge.




 

Und unterm Strich? Ein wirklich sehr empfehlenswertes Kochbuch. Es ist mein Kochbuch des Jahres!

Falls jemand schauen mag: Hier gibt es eine Rezension in meiner Lieblingszeitung mit einigen Rezepten.

Video zum Buch gibt es auch: Schau mal

Ein Interview mit Ixta Belfrage kann man da lesen.

 

Fakten zum Buch
ISBN 978-3-8310-4086-5
Erschienen: September 2020
Umfang: 320 Seiten 
Format: 206 x 280 mm 
fester Einband (mit 2 Lesebändchen, Cover mit Prägung und Folienveredelung)
Mit farbigen Fotos und Illustrationen

Bestellen kann man das Buch wie immer beim Buchhändler ums Eck, direkt beim Verlag oder im Internet bei einem der vielen Buchhändler, die versenden. Für Österreich hier eine Liste der Buchhandlungen mit Online-Versand.
Die Links sind alle keine Affilate-Links.
Danke an den DK-Verlag für das Rezensionsexemplar.

12 Kommentare :

  1. So eine schöne Rezension! Und "lässig" als Bezeichnung für Fotos -das ist genial und trifft es genau. Ich muss das Buch mal wieder aus dem Regal holen - mich lockt jetzt der Kaffeepudding.

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    1. Danke für die Blumen. Ich hab auch lang gerungen mit der Formulierung.
      Der Pudding wird euch sicher schmecken. Wenn man Pudding, Kaffee und vanilleähnliches Aroma mag, ist man damit gut bedient.

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  2. Wow, das klingt ja richtig gut und deine nachgemachten Gerichte machen direkt Appetit und Lust darauf. Bisher steht das Buch "Vegetarische Köstlichkeiten" von Ottolenghi bei mir im Regal und das begeisterte mich schon. Vielen Dank für deine Rezension.
    Liebe Grüße
    Sigrid

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    1. Sehr gern! Es macht echt Freude, aus dem Buch zu kochen.

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  3. Das ist wirklich ein interessantes Buch und herzlichen Glückwunsch zu deinen ganzen Buchbesprechungen!
    Liebe Grüße
    Luisa von https://www.allaboutluisa.com/

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  4. Eine tolle Rezension, danke dafür! Ich bewundere Dich (und andere), dass Ihr so fleißig aus den Büchern nachkocht und darüber schreibt. So kann man sich ein gutes Bild davon machen, ob das Kochbuch auf die Wunschliste wandert.

    Das hier scheint ein typischer Ottolenghi zu sein. Klingt sehr sehr gut!

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    1. Es ist ein sehr aufwändiger Ottolenghi, wie ich ihn bisher nicht kannte. Aber danke für das Bewundern. Ich fühle mich geehrt.

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  5. Wieder einmal eine sehr interessante Kochbuchbeschreibung, liebe Susi! Ich bewundere Dich echt! Ich kaufe ja keine Kochbücher mehr, verschenke sie jetzt lieber und habe da schon wen im 👀. Die Portobello werde ich einmal ausprobieren, danke für den Link!

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    1. Freut mich, dass dir die Rezension gefällt. Ich bin gespannt, wer das Buch bekommen wird.

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  6. Dieses Selleriegericht klingt wirklich gut, werde ich nachbauen! Auch die Pilze, die ich von Susanne schon abgespeichert habe.
    100 Buchbeschreibungen sind eine ganz schöne Menge, noch dazu, wo du meist auch mehrere Dinge daraus kochst! Kompliment! Ich mag an allen Rezensionen so gern, dass man einen guten Einblick in ein neues Kochbuch bekommt, bevor man es selbst eventuell kauft oder dann eher doch nicht :-))
    Ich schaue derzeit, dass ich für jedes neue Kochbuch ein "altes" verkaufe... lg

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    1. Das ist eine gute Entscheidung mit dem Verkaufen. Bei mir wandern die nicht mehr so oft gebrauchten oder die ungeliebten in den Keller. Mal schauen, wie lange das noch geht, bis wir aus allen Nähten platzen.

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