Nein, kein Kochbuch. Wenn jemand das erwartet, dann schnell wieder wegclicken. Oder vielleicht doch weiterlesen? Es könnte sich lohnen. Weil sich dieses ganze Buch aber sowas von lohnt! Es besteht großteils aus Listen und hat mich dennoch von der ersten Seite an gefesselt. Die meiste Zeit in der freien Weihnachtswoche war ich mit dem Lesen in diesem Buch beschäftigt. Seit ich durch bin, liegt es immer griffbereit.
Karen Page wird als "internationale kulinarische Koryphäe" bezeichnet, sie schreibt Bücher über die neuesten Entwicklungen der Kochkunst und wurde mit sehr vielen Preisen ausgezeichnet (zu finden auf Wikipedia). Das hier vorliegende Buch ist der Nachfolger des Standardwerks "Das Lexikon der Aromen und Geschmackskombinationen". Das hier besprochene Buch, erschienen im AT-Verlag, ist noch ausführlicher als der Vorgänger und ich kann mir gar nicht vorstellen, wie viele hundert oder tausend Stunden sie damit verbracht hat, um all dieses Wissen, das hier versammelt ist, zusammenzutragen.
Einer der klügsten Aussprüche, die ich von einem Fernsehkoch gehört habe: Man würzt durch's Kochen. Das hat ihn aber dennoch nicht daran gehindert, die Menschheit mit einer Lawine von Gewürzsalzen und anderen Gewürzmischungen zu überschwemmen. Das geht ja mittlerweile so weit, dass uns Gewürzmischungen nur für Reis angeboten werden. Ich will doch, dass mein Reis schmeckt nach 1001 Nacht oder nach thailändischem Street Food oder er soll ganz einfach wie bei Oma sein, wenn ich damit Risibisi mache. Und dann gibt es zum Glück Leute wie Karen Page. Die setzt sich nämlich hin, interviewt eine Vielzahl von sehr guten KöchInnen, danach macht sie Listen über Listen, in denen sie hunderte von Zutaten beschreibt, mögliche Geschmackskombinationen, Ideen zur Zubereitung und vieles mehr, um mir dabei zu helfen, wie ich an mein angestrebtes Ziel komme, wie der Reis letztendlich schmecken soll.
Man findet viele Zitate in dem Buch, die zur vegetarischen Ernährung anregen - von Ernährungs- und anderen Wissenschaftlern, aus der Bibel, von bekannten Vegetariern (z. B. Paul McCartney), Philosophen etc. Kein Wunder, dass die Autorin eine Lanze für vegetarische Ernährung bricht, denn es ist eine Ernährung ohne Grenzen: auf der ganzen Welt gibt es weitaus mehr vegetarische und vegane Gerichte als Fleischgerichte. Wenn uns etwas bei vegetarischer/veganer Ernährung fehlt, dann ist es nicht das Fleisch, das uns fehlt, sondern ein bestimmtes Mundgefühl, eine gustatorische Erwartung, die sehr einfach durch andere Lebensmittel ersetzt werden kann. Ich kann mich noch sehr gut an ein Geschmackserlebnis in einem vegetarischen Restaurant erinnern: Wachtelei mit geräuchertem Schaum wurde serviert. Ich hätte schwören können, da ist Speck drinnen, was natürlich nicht der Fall war. Allein das Rauchige hat diesen Speckgeschmack ausgemacht.
Wunderbar ist es in diesem Buch gelungen, praktische Unterstützung zu bieten, um eben durch das Kochen zu würzen, durch verschiedene Kombinationen von Lebensmitteln und Gewürzen. Wie oft sitzt man mit Resten von Lebensmitteln daheim und überlegt, was man damit anstellen könnte. Dann kann man einfach dieses Buch zur Hand nehmen und schnell und
Mir gefällt der weltoffene Zugang, den Karen Page auf 430 Seiten zeigt. Die kleinen "Ausflüge", mit denen sie ihre Listen unterbricht, zeigen von ihrem immensen Wissen: Ich persönlich hatte bis vor kurzer Zeit genau gar nichts zum Thema Kombu beizutragen. Nun weiß ich, dass es ein tolles Hilfsmittel ist, um damit vegetarische oder vegane "Meeresfrüchtegerichte" zuzubereiten. Zu krauser Petersilie hatte ich auch ein eher getrübtes Verhältnis, denn die war in meinen jungen Jahren überall als geschmacklose Deko zu finden - aber nein, die ist nicht geschmacklos, da ist einfach meine Erinnerung falsch, denn wenn man gute krause Petersilie finden kann, dann bitte zugreifen: Sie hat ein intensives Aroma, das fast an Sellerie erinnert. Es ist also auch ein Buch über Vielfalt, denn ich habe Gewürze und Lebensmittel kennengelernt, von denen ich bis dahin noch nicht gehört hatte (Arame, Teff, Klettenwurzel, Taro - um wahllos einige wenige zu nennen).
Was es unterm Strich zu sagen gibt? Es ist eines der wenigen Bücher, auf die ich in der Küche auf gar keinen Fall verzichten möchte. So viel Wissen auf so handliche Weise zusammengetragen, das findet man selten. Mir fällt kein Aspekt ein, den Karen Page ausgelassen hätte. Ich bin schwer beeindruckt.
Fakten zum Buch
ISBN: 978-3-03800-945-0
Einband: Gebunden
Umfang: 432 Seiten
Gewicht: 1580 g
Format: 19.5 cm x 26.5 cm
Preis: 41,10 EUR
Wie immer gibt es das Buch beim Buchhändler an der Ecke zu kaufen, man kann es beim AT-Verlag bestellen und ÖsterreicherInnen finden es versandkostenfrei beim Buchhändler.at.
Herzlichen Dank an den AT-Verlag dafür, dass er so ein unglaublich tolles Buch herausgebracht hat und mir ein Exemplar für die Rezension zur Verfügung gestellt hat.
Die Links sind alle keine Affilate-Links.
Das ist wohl so ein Buch, dass man immer dabei haben sollte was?
AntwortenLöschenKlingt sehr interessant und ich bewundere dich, dass du dich da so reintigerst.
lg. S.
Das war aber keine Arbeit, sich in dieses Buch reinzutigern, sondern ein Vergnügen! 😃
LöschenDa hast Du Dich aber wirklich reingefuchst in dieses tolle Buch! So eine tolle Rezension! Ich bin auch hingerissen und möchte das Buch auf keinen Fall mehr missen.
AntwortenLöschenEs ist ein wirklich perfektes Buch - also zumindest wie für mich gemacht.
LöschenDeine Begeisterung wirkt geradezu ansteckend- mal schauen ob ich irgendwo einen Blick in das Buch werfen kann.
AntwortenLöschenKomm doch einmal nach Wien! 😃
LöschenDeine Begeisterung kauf ich dir vollumfänglich ab! Ich habe das Vorgänger-Buch seit Jahren in der Küche stehen und benutze es fast täglich. :-) Mal sehen, ob ich dieses Exemplar zusätzlich anschaffe...
AntwortenLöschenDen Vorgänger hab ich leider nicht, aber ich denke, das wird sich ändern. Ich will ja Fleischesserin bleiben. 😀
Löschenklingt sehr spannend. ich
AntwortenLöschendiese ganzen fertigen Gewürzmischungen nach so einem Ausspruch dient doch nur der eigenen Geldbörse. klar mag ich so manche Gewürzmischungen von Sonnentor, aber die Sachen selber zusammenmischen find ich noch spannender. ich liebe meinen Mörser. und das mit dem Reis hast du wunderschön skizziert. Es gibt so schöne unterschiedliche Varianten um ihn zu würzen. und genau diese Vielfalt will ich auskosten. Einheitsbrei ist für andere.
Du sitzt ja an der Quelle, was Bücher angeht. ❤️
LöschenWow, das ist ja mal eine Lobeshymne! Ich glaub, das brauch ich auch sofort. Denn ich folge ja so ungern festen Rezepten (manchmal denke ich, mir fehlt da ein Gen), aber ich bin immer auf der Suche nach Anregungen für neue Kombinationen. Danke für diese Besprechung!
AntwortenLöschenJa, das wurde nun wirklich eine Lobeshymne. Würde ich jederzeit gern wieder von mir geben. Wenn man gern eigene Rezepte kreiert, dann ist das sicher genau das passende Buch.
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