Der Autor ist Schweizer, Daniel Humm betreibt in New York das 3-Sterne- Restaurant Eleven Madison Park. Dieses Jahr wurde das Restaurant zum Worlds-50-Best-Sieger gekürt. Ein bisschen habe ich mich vor dem Buch gefürchtet: Werde ich denn überhaupt in der Lage sein, die Rezepte auch nur annähernd nachkochen zu können? Das Kochbuch richtet sich aber ausdrücklich an ambitionierte Hobbyköche, also habe ich mich getraut. Und es hat sich wirklich ausgezahlt, dieses Wagnis einzugehen. Das Kochbuch ist (wie alle Bücher aus dem AT-Verlag) wunderschön gemacht. Die Fotos zeigen so viel Hochachtung vor den Produkten und natürlich auch vor den fertigen Gerichten. Der Fotograf ist Francesco Tonelli und es zahlt sich aus, in den Link reinzuclicken und ein wenig seine Fotos anzuschmachten. Die aus dem NY-Kochbuch kann man unter diesem Direktlink anschauen. Ich liebe ja diese sachlichen Fotos, auf denen nicht das Essen in der Gegend verstreut oder die Getränke ausgeschüttet werden, und hier komme ich voll auf meine Rechnung.
Die Gestaltung des Kochbuchs ist ein wenig anders als man es gewohnt ist: Es besteht aus 60 Kapiteln, die sich immer mit einem Produkt, also einer Hauptzutat beschäftigen. Am Anfang jedes Kapitels wird ein Kurzporträt der Produzenten gezeigt, die allesamt in einem Umkreis von maximal 200 km um NY zu finden sind.
Die Rezepte sind alle nach einem Baukastensystem aufgebaut, ich erkläre das einmal am Beispiel meines ersten Rezeptes, dem Fisolensalat mit Buttermilchdressing. Das Gesamt-Rezept besteht aus dem Rezept für Buttermilchdressing, den Rezepten für die verschiedenen Fisolen-Arten, die teilweise wieder mit einem anderen Dressing abgemacht werden, und am Ende der Zusammenstellung der einzelnen Komponenten.
Ich habe begonnen nachzukochen und konnte mich selber kaum bremsen. Es stecken noch wahnsinnig viele Post It's in dem Buch, also werde ich sicher noch vieles nachkochen. Die Rezepte sind teilweise recht einfach, teilweise auch kompliziert, aber immer außergewöhnlich. Bei keinem einzigen könnte ich sagen, dass ich das auch schon besser gegessen habe. Sie haben alle das gewisse Etwas.
Sommerbohnensalat mit Bohnenkraut
Das Rezept klingt so einfach, aber beim genauen Hinschauen beginnt das Staunen: 5 verschiedene Arten von Fisolen werden verwendet (bei mir nur 4 verschiedene, denn die 5. habe ich nirgends finden können), 2 verschiedene Dressings und dann noch etliche Bausteine, um das Kunstwerk fertigzustellen. Ob sich der Aufwand lohnt? Ja, auf jeden Fall!
Zucchinipüree mit Minze
Hoffentlich verzeihen mir alle dieses Foto ... Dieses Gericht schaut im Buch wahrlich besser aus. Ich wollte es aber nicht unter den Tisch fallen lassen, denn es ist wirklich sehr einfach zu machen und schmeckt wunderbar. Die einzige Schwierigkeit ist, dass man dazu auch etliche Zucchiniblüten braucht, was aber für Leute, die einen Garten haben, sicher kein Problem ist. Man wird mit einer ungewöhnlichen Geschmackskombination belohnt, die nicht wirklich viel Aufwand für die Zubereitung benötigt.
Kartoffel-Speck-Fougasse
Mit diesem Rezept habe ich gehadert: 320 g Mehl und 320 ml Wasser sind kein Verhältnis, das einen brauchbaren Teig auszeichnet. Ich nehme mal an, es hat sich da ein Tippfehler eingeschlichen. Ich habe also mehr Mehl verwendet und man wird mit einem sehr saftigen Brot belohnt, das ausgezeichnet zum Grillen gepasst hat. Auch unsere Gäste waren ganz angetan davon. Da ist aber auch nicht ein einziges Bröserl davon übrig geblieben.
Gurkensalat mit geräucherter Forelle
Wie alle Salate in dem Buch hat mich auch dieser hier sehr überzeugt. Ein cremig-milchiges Dressing aus Creme fraiche harmoniert sehr mit den Gurken. Es werden bei der Fertigstellung auch Gurkenblüten verwendet, außerdem die lustigen kleinen mexikanischen Minigurken, die man bei uns als Melothria kennt.
Kräuterbutter
Ja, auch so einfache Rezepte wie Kräuterbutter finden sich in dem Buch. Uns hat die Humm-Variante über den halben Sommer begleitet und nie wurde sie uns langweilig. Viele verschiedene Kräuter machen die Butter sehr abwechslungsreich und Zitronenschale bringt eine schöne sommerliche Frische rein.
Gestürzter Pflaumenkuchen
Hier noch vor dem Stürzen zu sehen, aber das ist das gelungenere Foto. So tolle Fotos wie das von dem strahlend dunkelroten gestürzten Zwetschken in dem Buch demoralisieren mich immer ein bisschen, sodass ich mich dann mein nicht so strahlendes Werk nicht zeigen traue. Geschmeckt hat der Kuchen aber auf jeden Fall super! Mit gemahlenen Mandeln und Mandelpaste haben die Zwetschken ein schönes Gegengewicht.
Gegrillte Frühlingszwiebeln mit Zitronen-Buttermilchdressing
Wieder so ein Salat, der mich fast vom Hocker gekippt hat: Zwiebel esse ich sehr gern, besonders Frühlingszwiebel, aber noch nie habe ich diese Zwiebel-Kombination mit roten, eingelegten Perlzwiebeln gegessen. Alles ist sehr elegant und frisch durch das zitrussige Dressing. Der Clou an der Sache ist aber das harte Eigelb, das über alles drübergerieben wird. Zwischendrinnen finden sich Kleckse von Salsa verde. Also eine solche Aromenvielfalt, die sich toll ergänzt, findet man nicht oft.
Unterm Strich kann ich nur sagen, dass ich persönlich dieses Buch für meine Glückseligkeit brauche. Es ist wunderschön anzuschauen und hat viele herausragende Rezepte.
Einige Leute mag die leichte Wattierung des Buches vielleicht stören, aber mich hat das noch bei keinem Buch in irgendeiner Weise gestört, im Gegenteil: Ich finde diesen Plastikeinband gerade bei einem Kochbuch recht praktisch, denn das ist für mich ein Arbeitsbuch, das in der Küche herumliegt und auch mal ein bissl was abkriegt. Kein anderes Buch kann ich so leicht abwischen wie dieses.
Was man nicht erwarten darf, ist eine Kochschule: Man muss gewisse Kochkenntnisse haben, denn es wird nicht jeder einzelne Handgriff erklärt. Die Rezepte sind stimmig und bis auf das Fougasse gelingsicher, aber auch da kann man sich, wenn man eben gewisse Kenntnisse hat, auch leicht helfen.
Hard Facts:
Titel: I Love New York
Autoren: Daniel Humm/Will Guidara
Einband: Gebunden
Umfang: 496 Seiten
Gewicht: 2190 g
Preis: 51,30 €
Danke an den AT-Verlag für das Rezensionsexemplar, das er mir zur Verfügung gestellt hat.
Eine schöne Rezension - ich muss das Buch mal wieder aus dem Schrank ziehen. Das mit der Fougasse ist merkwürdig....das Verhältnis von Mehl und Flüssigkeit war schon in der ersten Auflage so; ich bin auch darüber gestolpert....
AntwortenLöschenDas tut gut, das von der Meisterin der Rezensionen zu lesen.
LöschenSchade, dass das mit der Fougasse nicht geändert wurde.
Ich lese immer sehr gerne Rezensionen von Büchern, die ich auch schon besprochen habe und finde es wahnsinnig spannend, dass dich ganz andere Rezepte fürs erste angesprochen haben wie mich - die Fougasse wollte ich allerdings auch schon längst machen. Auf das Verhältnis von Wasser und Mehl achte ich dann dank dir :)
AntwortenLöschenLg, Miriam
Liebe Miriam,
Löschendas ist eine sehr schöne Rezension, die du geschrieben hast!
Und es stimmt, uns haben ganz unterschiedliche Rezepte angesprochen. Gut, dass das Buch so umfangreich ist, dass für jeden etwas drinnen ist.
Ich hab mal in die englische Version gelinst. Da stehen für die Fougasse 2 2/3 Cups Mehl und 1 1/3 Cup Wasser :-)
AntwortenLöschenDanke! Das werde ich mir gleich im Buch notieren, denn ich will das Brot zur nächsten Grillsaison unbedingt wieder servieren.
LöschenDu klingst sehr begeistert!
AntwortenLöschenIch hab noch nie rote Perlzwiebelchen gesehen wo hast du die her Susi?
lg. S.
Ich bin auch begeistert. Die Rezepte sind aufwändig, aber es lohnt sich.
LöschenGerade habe ich das Rezept für die Perlzwieberln abgetippt: Ich habe keine roten gefunden, sondern nur weiße. Es ist aber Rotweinessig in der Marinierflüssigkeit, der färbt ordentlich, daher schaut es aus, als hätte ich rote genommen.
oh was machst du mir den Mund wässrig... ich warte gespannt was du uns an Rezepten genauer vorstellen wirst.
AntwortenLöschenWillst du etwas anderes als das, was ich schon vorgestellt habe? Dann sag! Ich mache gern mehr. :)
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