Als ich sah, dass Stefan Wierzt ein neues Buch im Bassermann Verlag veröffentlicht hat, habe ich mich sehr gefreut. Seine Brotaufstriche sind bei uns immer willkommen, außerdem habe ich ein Faible für 1001 Nacht − im Orient liegen "meine" Urlaubsländer.
Stefan Wiertz wird vom Verlag Genuss-Nomade genannt, er ist in Deutschland bekannt aus diversen Kochsendungen und zur Zeit in "Beef Battle" in der 6. Staffel zu sehen. Er arbeitet als Foodstylist, Rezeptentwickler und Kochbuchautor, organisiert Events für Firmen mit klingenden Namen.
Schon der erste Blick ins Buch zeigt, dass der Orient so definiert wurde, dass damit Marokko gemeint ist, wo der Autor anscheinend einen Urlaub verbracht hat. Eine nähere Definition von orientalischer Küche konnte ich nicht entdecken.
Die 108 Seiten des Buches sind unterteilt in Gewürze und Basics, Basisrezepte, Vorspeisen, Salate und Snacks, Suppen, Fleisch und Fisch sowie Süßes. Das Kapitel über Süßes ist mit drei Rezepten extrem übersichtlich ausgefallen.
Anfangs werden die Standardgewürze der marokkanischen Küche vorgestellt. Es werden auch Standardrezepte wie Salzzitronen und Harissa beschrieben. Bei der Verwendung von einigen Zutaten war ich verwundert: Ahornsirup oder Szechuanpfeffer in Marokko? Aber gut, die Welt ist klein geworden, in Marokko kaufen kann man die Zutaten allemal.
Fotos gibt es natürlich auch in dem Buch, aber nicht sehr viele. Es ist bei weitem nicht jedes Rezept bebildert. Das ist aber bei dem recht kleinen Preis des Buches auch nicht zu erwarten. Die Gerichte werden auf orientalischen Tellern oder in Schüsseln oder Tajins präsentiert. Insgesamt zieht sich eine grafische Gestaltung durch das Buch, die an den Orient erinnern soll.
Am besten nähert man sich einem Kochbuch aber durch Kochen, was ich nun mache.
Zitronen-Limetten-Salat mit gebratenem Rucola
Mein Gute-Laune-Geschirr, das ich aus einem Urlaub in Tunesien mitgebracht habe, durfte natürlich zum Einsatz kommen, denn dieses Rezept wurde anscheinend für mich geschrieben: Man muss schon so zitrus-verrückt wie ich sein, um diesen Salat so zu lieben. Er besteht fast nur als filetierten Zitronen und Limetten, noch ein wenig rote Zwiebel, Gewürze, oben drauf legt man ein wenig gebratenen Rucola. Mir hat er geschmeckt!
Frittierte Kartoffelküchlein
Sehr einfach in der Zubereitung: mit Kräutern und Gewürzen gestampfte Erdäpfel werden zu Laberln geformt und in viel Fett rausgebacken. Die Laberl sind sicher vielseitig einsetzbar als Snack oder Beilage. Im Buch werden sie mit etwas Harissa als Getränkebegleitung empfohlen.
Rinderfilet mit karamellisiertem Spargel und Tapenade
Bei 65 Grad wird das rundherum angebratene Filet auf einem Kräuterbett vier Stunden im Ofen gegart. Das war sehr gut.
Eine Enttäuschung war der Spargel: auf einen halben Kilo Spargel kommen 3 Knoblauchzehen und 2 El frischer gewürfelter Ingwer, für das Karamellisieren werden 3 EL Ahornsirup verwendet. Dieses Übermaß an Gewürzen erschlägt das feine Aroma des Spargels komplett.
Tapenade kenne ich aus Frankreich, mit Marokko hätte ich die nicht in Verbindung gebracht. Für den Spargel ebenfalls "too much".
Spinatsalat mit Granatapfelkernen
Mit italienischen Aromen wie sehr viel frischem Basilikum kommt dieser mediterrane Salat daher. Dass kein Essig, sondern Zitronensaft verwendet wird, dazu noch Granatapfelkerne, macht ihn doch wieder maghrebinisch. Dann wird nach Belieben Büffel-Parmesan drübergerieben − wie der schmeckt, kann ich leider nicht sagen, weil den habe ich noch nie gesehen. Aber der Marokko-Urlaub ist sowieso in Planung, da werde ich dann als erstes Büffel-Parmesan essen und dann drüber berichten, wie der so ist.
Kokos-Creme-Caramel
Das Rezept geht gar nicht! Die Creme war total bitter. Es kann natürlich sein, dass Waldviertler Safran, den ich verwendet habe, anders in der Verwendung gehandhabt werden muss als marokkanischer, oder dass ich die falsche Kokosmilch genommen habe, aber da müssten dann Hinweise im Rezept stehen, "... geht nur mit xy" oder so.
Es wird das Servieren mit Früchten empfohlen. Ich habe aus saisonalen Gründen Rhababerkompott genommen, was die Sache leider nicht besser gemacht hat, im Gegenteil.
Jakobsmuscheln in Thymian-Karamell
Zusammen mit dem Spinat-Granatapfel-Salat war das eine sehr feine Vorspeise. Nachdem ich durch den Spargel vorgewarnt war, habe ich nur ein paar Tropfen Ahornsirup statt des vorgesehenen ganzen Esslöffels verwendet. Außerdem werden im Rezept die Jakobsmuschen von beiden Seiten 5 min. gebraten und dann noch 3-5 min. karamellisiert. Meine kleinen Muscheln wären auf jeden Fall ein zweites Mal gestorben, wenn ich sie so lange gegart hätte.
Mit diesen Vorsichtsmaßnahmen ist dieses Rezept ein Highlight.
Und unterm Strich? Ich bin nicht sehr glücklich mit dem Buch. Auf den ersten Blick wirken die Rezepte gut und nicht zu kompliziert: frische Zutaten, gemüselastig, leicht, mediterran. Das wäre alles genau meines, aber man muss dann doch immer wieder korrigierend in die Rezepte eingreifen, damit sie funktionieren. Ich habe es mir nicht einfach gemacht, sondern wirklich viele Rezepte nachgekocht. Es sind meist Rezepte für Fortgeschrittene, aber solche Köche oder Köchinnen werden eher kein kleines Büchlein wie dieses kaufen, wenn sie in die Materie der orientalischen Küche intensiver eintauchen wollen. Wobei es ja auch nicht orientalische Küche ist, wie es der Titel verspricht, sondern mediterran-marokkanische Fusion-Küche.
Die Fakten zum Buch: Autor Stefan Wiertz, Verlag Bassermann, € 7,99 [in D und in A − danke dafür!], gebundenes Buch, Pappband, ISBN: 978-3-8094-3627-0, erschienen: 31.10.2016
Danke an den Bassermann Verlag für das Belegexemplar.
Na, da macht mir das Kochbuch-Fasten ja Spaß, wenn ich lese dass ich ein Buch wirklich nicht Brauch. Danke!
AntwortenLöschenMir hat es leid getan, weil ich mir sehr viel versprochen habe davon.
LöschenAh da ist es ja das Buch, von dem du gesprochen hast.
AntwortenLöschenWas mir zu Tapenade einfällt,..nicht das ich es weiß, aber könnte es sein, dass Marokko ja doch einen Einschlag in der Küche Frankreichs hat? Nur so eine Idee, weil ich weder mit der marokkanischen noch mit der französischen extrem befasst bin. Jedenfalls schade, dass das Buch nicht deinen Erwartungen entsprochen hat. Zum Büffel `Parmesan.. Google nach Sovrano mal.
lg. Sina
Es ist echt schade, weil so ein kleines Buch ist ein nettes Mitbringsel für Kochneulinge.
LöschenSovrano klingt schon so nach Orient ... 😎
ja wirklich schade, ich find so kleine Büchlein auch immer nett.
Löschenna klingt richtig italienisch hihi, wie es sich für Büffel Parmesan gehört, der Grana Padana ähnlich ist gg
Na wer weiß, vielleicht gibt es ja in Marokko den besten Büffelparmesan der Welt. Ich werde das im Herbst herausfinden.
LöschenAusschauen tut aber alles bombastisch - das Rinderfilet hat mir gleich so gut gefallen, nur Knoblauch und Ingwer zum Spargel wär jetzt auch nicht meins!
AntwortenLöschenManchmal denkt man, die Köche probieren das nur am PC ...
Gruß Doris
So negativ würde ich das jetzt nicht sehen: Gusto und Watschen sind sehr verschieden. Vielleicht mag jemand Spargel nicht, dann kann man ihm mit diesem Rezept Spargel schmackhaft machen, weil der schmeckt dann ganz anders, als ich ihn kenne. Mein Ding ist es halt ganz und gar nicht.
LöschenDanke für die ehrliche Rezension. Mir fällt es inzwischen oft sehr, sehr schwer, mich für ein neues Kochbuch zu begeistern - Ausnahmen bestätigen die Regel. ;-)
AntwortenLöschenMir fällt es sehr schwer, so eine Rezension zu schreiben. Ich denk mir immer, da waren so viele Leute dran beteiligt, die sich alle Mühe gegeben haben, und dann komm ich daher ...
Löschen