Eigentlich nehme ich mir schon länger vor, mehr über Lokale in
Ausflugsnähe von Wien zu schreiben. Niederösterreich ist voll mit
Burgen, Schlössern und anderen interessanten Zielen, und wir sind öfter
da unterwegs an den Wochenenden. Immer wieder stellt sich die Frage, wo
ess ma denn dann, wenn wir das angeschaut haben, was wir sehen wollten?
Einfach irgendwo reinfallen mag ich nicht, denn da hab ich schon mehr
als genug unliebsame Überraschungen erlebt. Wenn ich schon Geld für
außerhäusliches Essen ausgebe, dann muss das auch schmecken.
Eines der beliebtesten Ausflugsziele der Wiener ist
Carnuntum,
eine großflächige römische Ausgrabung mit Museum, wo man außerdem noch eine römische Zivilstadt,
ein Amphitheater, eine Probearena der Gladiatoren und vieles mehr sehen kann. Da kann man leicht
einen halben Tag verbringen und ist nachher glücklich, aber auch
hungrig. Zum Glück bekam ich den Tipp mit dem
Haslauerhof. Der ist nicht weit von den Ausgrabungen entfernt und man kann dort wirklich fein essen. Mit Aussicht!
Carnuntum schließt um 17.00, der Haslauerhof hat durchgehend warme Küche, also perfekt!
Die Produkte kommen aus dem nahen Marchfeld. Wie man auf dem Foto ganz oben sehen kann, liegt das Lokal hoch über der Donau. Direkt unterhalb des Lokals gibt es eine Fähre zum Marchfeld und die Bauern liefern auf diesem Weg direkt an den Haslauerhof. Fisch gibt es aus der Donau, Wild von den ortsansässigen Jägern.
Links sieht man einen Gruß aus der Küche: Radieschenaufstrich, Bärlauchauchaufstrich mit Vogelmiere und in der Mitte wahnsinnig köstlichen Rohschinken, der im Haus direkt geräuchert wurde.
Wenn wir gewusst hätten, dass die Küche noch ein zweites Mal grüßt, hätten wir die Vorspeise ausfallen lassen. Es war ein kleines Kaspressknöderl (Erklärung, was das ist:
click) mit nudeligem Gurkensalat, Bärlauchcreme und Spargel.
Dieser Gruß war hervorragend. Nicht so kasig wie meine Kaspressknödeln, daher hervorragend mit den anderen Aromen, vor allem dem zarten Spargelaroma kombiniert.
Der Turbohausmann und ich hatten eine Vorspeise miteinander bestellt, nämlich einen Ofenfleck mit Flusskrebsen und Babyspinat. Die Kombination Spinat und Flusskrebse war hervorragend, auch ausgewogen gewürzt, aber mir war der Fladen zu labbrig. Ein hauchdünner Knusperteig hätte mich mehr überzeugt, aber das ist jetzt Sudern auf hohem Niveau. Gut war das in jedem Fall.
Die Hauptspeisen: Wenn es Innereien auf einer Speisekarte gibt, dann sind sie schon meine. Hier war es gebackenes Hirn. Serviert wird das sehr nett in einem Brotsimperl samt Deckel, damit alles schön warm bleibt. Wer einmal kaltes Hirn versucht hat zu essen, weiß, dass das wirklich nur warm geht. Dazu hab es eine Zitronenspalte, die netterweise mit einem Netzerl umwickelt war, damit man sich nicht um Kerne kümmern muss, wenn man die Zitrone auspresst. Dazu Erdäpfel-Vogerlsalat. Mir hat das sehr gut geschmeckt. Die Mitesser am Tisch haben bis auf einen Freund alle dankend abgewunken, als ich gefragt habe, ob sie kosten möchten. Das geht mir aber immer so mit den Innereien.
Spargel aus dem Marchfeld. What else?
Spargel lebt immer von der Frische und dieser ist ab dem Stechen innerhalb einer Stunde in der Küche vom Haslauerhof. Dass er auf den Punkt gegart war, muss ich ja nicht sagen. Das braune Etwas dahinter ist Steak von der Kalbin - sorry für das Foto. Bei den Steaks hat man die Wahl zwischen Ladie's und Men's Cut. Das hier kann nicht leugnen, dass es Ladie's Cut war. Obwohl es sehr klein war, war es doch ein 180-Gramm-Trümmerl, also man wird schon satt. Gegart war es genau so, wie es bestellt worden war.
Zwei der Tischgenossen entschieden sich für Zweierlei vom Lamm mit Linsen und Jus. Das eine vom Lamm sieht man links auf dem Teller: rosa gebratenes Filet. Das andere vom Lamm war in den Knöderln drinnen, nämlich in faschierter Form (wie das funktioniert, findet man in meinem
Fleischknödelrezept). Dazu gab es Belugalinsen. Mir kam die Portion im Gegensatz zu meinem gebackenen Hirn eher überschaubar vor, aber die beiden Herren waren satt und zufrieden. Es hat ihnen rundherum geschmeckt.
Trotz vollem Bauch mussten wir dann doch noch die Desserts probieren.
Hier Rhabarberstrudel, Spargeleis mit süß mariniertem Spargel, Rhabarberkompott und Rhabarber-Espuma. Die Freundin, die das bestellt hatte, war eher skeptisch, wie wohl das Spargeleis schmecken würde, aber nachdem der Teller sowas von leergegessen war, und ich von der anderen Tischseite nur zufriedendes ächzen und stöhnen gehört habe, war die Skepsis wohl nicht nötig.
Der Turbohausmann hat eine große Vorliebe für Schokokuchen mit flüssigem Innenleben. Wenn er den wo kriegen kann, dann muss er ihn auch haben. Dieser hier kam daher mit einer Crème brûlée und Passionsfrucht-Espuma. Der Kuchen hat sehr gut geschmeckt, war aber innen nicht flüssig. Ich stell mir das aber bei den winzigen Mokkatassen auch extrem schwer vor, den Kuchen so hinzubekommen, dass er wirklich flüssig bleibt. Das Lokal war zu diesem Zeitpunkt auch gerammelt voll und es kam streckenweise der Koch aus der Küche zum Servieren, weil Kellnerin und Kellner trotz ununterbrochenem Herumschurln nicht mehr nachkamen. Also Schwamm drüber, denn gut war das Dessert auf jeden Fall.
Erdbeertopfenknöderl mit Erdbeerespuma. Ja, Espuma wird in diesem Lokal recht viel serviert. Es gab auch einen Aperitiv, bei dem Mangoespuma auf Sekt serviert wurde. Aber sie können das auch mit dem Espuma, muss ich voll Neid gestehen. Was sie vor allem noch können: Meine Knöderln waren nicht mit einer Erbeere gefüllt, sondern mit flüssigem Erdbeermark. Hat wunderbar geschmeckt! Besser als die von mir gemachte Variante mit der ganzen Frucht drinnen. Ich gehe in mich und werde schauen, ob ich das auch so zusammenbringe, denn das war wirklich das Highlight am Ende. Dass der Topfenteig so flaumig war, wie er sein muss, hätte ich fast vergessen zu erwähnen bei der ganzen Schwärmerei.
Da war dann schon die Sonne am Untergehen, hat den Himmel quasi in Flammen gesetzt. Wunderschön zum Zuschauen! Also allein der Aussicht wegen sollte man hier einmal einkehren. Die Preise sind gehoben, aber ganz sicher nicht überzogen: Zu viert haben wir 170,- bezahlt. Da das Lokal insgesamt sehr gemütlich ist, sind wir etliche Stunden dort gesessen, was natürlich ein erhöhtes Getränkevolumen bedeutet. Uns hat es wirklich gefallen und wir würden jederzeit gern wieder dort einkehren. Genau so sollte man einen erfreulichen Tag beenden!