Es.War.Ge_ni_al!
Interessieren jemanden Details? Na gut, schreib ich mehr. Ich fang einmal mit dem weniger Erfreulichen an: Als wir ankamen, mussten wir mit Erschrecken feststellen, dass es in Budapest keine Schneeräumung gibt. Ich stieg aus der Straßenbahn und stand auf einer Eisplatte, von der gerade die Oberfläche angetaut war. Nur mein Trolley rettet mich vor dem Umfallen. Zum Glück wurde es aber wärmer und das Eis taute weg, sodass wir ziemlich problemlos kreuz und quer durch die Stadt gehen konnten. Wie man auf dem Foto oben sieht, hatten wir sogar Sonnenschein!
Wie kaum eine Stadt lebt Budapest. Vor allem das jüdische Viertel hat mich schwer beeindruckt. Was da aus einem schon recht verfallenen Viertel gemacht wurde, ist schon toll. Mit solchen fantasievollen jungen Leuten kann das nur was Gutes werden mit der Zukunft. Es gibt große Innenhöfe, die aneinander angrenzen, die wurden wieder belebt mit Trödelmärkten, Bio-Lebensmittelmärkten und auch Gastronomie. Was mich ja besonders beeindruckt hat: Die Barber Shops! Die sind teilweise von morgens bis Mitternacht geöffnet und immer warten eine Menge Männer drauf, dass sie drankommen. Wäre ich ein Mann, ich würde mir sofort einen Bart wachsen lassen, nur um mir den in einem dieser Shops dann stylen zu lassen. Schon allein, um mir die in langen Schlangen wartenden jungen, feschen Männer anzuschauen. 😉
Und auch im Gastro-Bereich wurde da einiges in Bewegung gesetzt: Die Ruin Bars sind mittlerweile sehr bekannt. Die sind nicht low budget, sondern no budget, also mit gar keinem Budget gegründet. Da wurden alte Sesseln zusammengesammelt, genagelt, damit sie nicht zusammenbrechen, ebenso die Tische, die Lampen etc. Die Wände sind entweder vom Verputz total befreit oder mit Graffity überzogen. Und die Qualität, die man dort bekommt, ist immer gut. In der Ruin Bar auf dem linken Foto habe ich zum Beispiel Grapefruit-Saft bestellt. Gar keine Frage, dass der frisch gepresst war.
Noch so ein No-Budget-Projekt im jüdischen Viertel: Lauter altes Graffel zusammengetragen, das ist die Deko des Lokals. Gekocht wurde in diesem Lokal jüdisch, aber nicht koscher. Also auch beim Essen: keine Grenzen, keine Gebote. Das tut sehr gut zu sehen, wie weltoffen hier agiert wird. Es gibt auch immer wieder Projekte, wo Essen auf Kunst trifft. Leider war diesbezüglich nicht viel los, als wir in Budapest waren.
Was wir aber wohl gemacht haben, war ein Klezmer-Konzert besuchen im
Spinoza. Es war toll! Und was auch toll war: Ich habe danach Flodni gegessen. Bitte wieso hat mir niemand gesagt, dass es das gibt? Ein Stück Kuchen, das glücklich macht! Mohn-, Nuss- und Apfelfülle, getrennt durch sehr dünne Teigplatten, drüber ein bissl Zwetschkensauce. Ersetzt sättigungstechnisch ein Abendessen und schmeckt wahnsinnig gut!
Gefunden haben wir auch eines der schönsten Kaffeehäuser, die ich je gesehen habe: Das
Lotz Terem, das über der Buchhandlung Alexandra in der Nähe der Oper liegt. Man muss durch die Buchhandlung durch und auf den Stock rauf. Dass rund um uns nur Ungarisch gesprochen wurde, wundert mich nicht, denn dieses Café muss man erst einmal entdecken. Die Homepage ist ja auch gnadenlos: auf ungarisch ohne Übersetzungsmöglichkeit.
Hier entlang zu einem
Video über das Café.
Wer mehr von meinen Fotos sehen will:
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Spannend zuzuschauen: Im
Strudel House gibt es sehr viele verschiedene Strudel und der Teig wird vor Publikum ausgezogen. In einer wahnsinnigen Geschwindigkeit zieht der Koch den Teig in der Luft so groß aus, dass er sich darin fast einwickeln kann. Mit einem weiteren Handgriff liegt der Strudel perfekt passend auf dem Tisch, wird ruck-zuck mit flüssiger Butter beträufelt, belegt, gerollt, in backblechlange Stücke geschnitten, auf das Blech transferiert und gebacken.
Mehr Fotos sind wieder mal ausgelagert:
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Das
Menza Etterem ist ein Lokal, für das man auf jeden Fall rechtzeitig reservieren muss, denn es ist jeden Abend rappelvoll. Sehr stylish mit 70-er Jahre-Tapeten, einem Eingangsbereich, der ausschaut, als wäre er aus den alten Raumschiff Enterprise-Folgen geklaut - zum Verlieben!
Was mich sehr beeindruckt hat: Ich mag ja gern Soda-Zitron. Dort kann man sich alle möglichen Getränke mit den passenden Fruchtmusen servieren lassen. Mein Soda-Orange-Zitrone-Minze war unglaublich gut!
Der Turbohausmann hat das gegessen, was man auf dem Teller sieht: Welsragout mit Nockerln. Also nicht irgendein Gulasch, sondern aus heimischen Fischen mit einer wunderbaren Paprikasauce.
Mehr Fotos:
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Wir haben auch dieses Mal wieder eine
Foodie-Tour gemacht. Die führte uns unter anderem in eine winzige
Schokolaterie, die wir allein im Leben nicht gefunden hätten. Auch hier wieder: zwei junge Leute haben sich dem Schokolademachen verschrieben und arbeiten "From Bean to Bar", also fertigen alles selber händisch an und importieren sich ihre Kakaobohnen auch selber. Sehr fantasievolle Produkte findet man dort. Mein Favorit: Kandierte Bergamottschale, überzogen mit feinster Schokolade. Sehr, sehr elegant, das alles!
Begonnen hat diese Tour natürlich in der großen Markthalle von Budapest. Sofort sieht man, wo der Paprika daheim ist! So viele Sorten sieht man selten. Nicht nur in Zöpfen oder als Paprikapulver, auch Paprikaöl oder -essig oder -paste findet man hier.
Erfreulich viele Einheimische kaufen in der Markthalle ein. Und noch ein persönlicher Tipp: Nicht abschrecken lassen, dass im Untergeschoß nur der Aldi angeschrieben ist! Da unten waren wir sicher die einzigen Ausländer. Da gibt es einen genialen Fleischhauer und viele Standeln, die ich am liebsten mit nach Wien genommen hätte - ja, gleich das ganze Standel samt Besitzerin!
Was wir noch gelernt haben auf der Foodie Tour: Alles, was nicht bei
drei auf den Bäumen ist, wird in Ungarn sauer eingelegt. Die Auswahl ist
riesig und immer köstlich. In meinem ganzen Leben habe ich noch keine
saure Wassermelone gegessen, schon gar nicht mit 3 cm Durchmesser. Nur wenig Gemüse oder Obst hat die Chance, sehr groß zu werden, denn sehr viel wird konserviert für den Winter. Zum Teil auch ganz ssssööööön sarf!
Mehr Fotos der Markthalle:
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Ja, Kastanienreis. Der ist schon so ein kleiner Tick von mir: Wenn ich wo Kastanienreis als Dessert finde, muss ich den auch essen. Der hier war das Beste, was ich je an Kastanienreis gegessen habe, also der Reis selber war jetzt ein normaler, sehr guter Kastanienreis, aber die Gesamtkomposition war überirdisch: Schnapsweichseln in einer Glühweinsauce als sauer-fruchtige Komponente, das cremige Schlagobers und als Tüpfelchen auf dem I ein Bällchen aus aufgerollten, hauchdünnen, knusprigen Schokoladestreifchen. Ich habe nicht die geringste Ahnung, wie man so etwas macht. Es war auf jeden Fall der Gipfel der Kastanienreisglückseligkeit!
Diesen Kastanienreis und noch unverschämt viele andere Patisserie-Höhepunkte findet man im
Gerbeaud. Allein das Kekserl, das man dort bekommt, wenn man nur einen Kaffee trinkt! Shortbread mit kandiertem Ingwer und kandierten Orangen. Diese süß-bitter-scharfe Kombination war umwerfend.
Mehr Fotos sind auf meiner FB-Seite zu finden:
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Noch einmal jüdisches Viertel:
Getto Gulyas. Eine ganz dringende Empfehlung von mir, dort einmal essen zu gehen, wenn man in Budapest ist. Es ist klassische österreichisch-ungarische Küche, aber neu interpretiert. Ehrliche, einfache Gerichte ohne viel Chichi, die alle wunderbar schmecken.
Auf dem Foto sieht man Markknochen mit je einer sehr weichen (konfierten oder lang geschmorten, weiß ich nicht) Knoblauchzehe oben drauf. Gewürzt unter anderem natürlich mit Paprikapulver. Dazu noch warmes, geröstetes Brot. Unglaublich gut!
Mehr Fotos:
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Dieses Stück Dobos-Torte haben zu zweit im
Café Ruszwurm oben auf der Burg bezwungen. Eigentlich ist es eine Touristenfalle, aber zu schön, um dran vorbeizugehen: 1827 wurde die Konditorei gegründet und angeblich ist sie damit die älteste des Kontinents. Und genau dieses Ambiente wurde beibehalten.
Ziemlich gruselig sind die Touristen, die sich in einer endlosen Schlange bei der Vitrine anstellen, um sich die Mehlspeisen dort zu kaufen, selber ins Café tragen und dort aus dem Papierl raus essen, um sich die paar Prozent zu ersparen, die man für den Service bezahlt ... Ohne weitere Worte.
Fotos:
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Nun kommt schon unser Abschiedsessen.
Anikó hat mir diesen Tipp gegeben: das
Rosenstein liegt in einer hässlichen Gegend, direkt beim Bahnhof - für uns sehr praktisch, denn nach dem Essen konnten wir direkt in den Zug fallen und nach Wien fahren. Wiederum ein Lokal mit klassischen Gerichten. Hier sieht man geschmorte Kalbsbackerln mit Rahmpilzen, das Grüne ist Petersilienöl, dazu gab es Haluska, eine typische ungarische Nockerl-Variante. Das Fleisch war total zart, da hätte man kein Messer gebraucht, aber dennoch hab ich mich sehr über dieses extrem hübsche Messer gefreut.
Fotos:
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Noch ein letzter Blick von der Burg auf den Stadtteil Pest. Auf dem Foto sieht man die schöne und berühmte Kettenbrücke.
Ein Vögelchen hat gezwitschert, dass
Verena mit derselben Führerin, der unglaublich lieben Agnes, eine Foodie-Tour durch Budapest gemacht hat. Ihren genauen Bericht findet ihr
hier.