Und jetzt langsam, ohne mit der Tür ins Haus zu fallen: Jacqueline Amirfallah ist erfolgreiche Köchin mit halb iranischen, halb deutschen Wurzeln, wuchs teils im Iran, teils in Deutschland auf und entdeckte während ihres Soziologiestudiums ihren Hang zum Kochen. Nun leitet sie ein Restaurant, eine Kulturkneipe und kocht auch im deutschen Fernsehen. Ich finde es fantastisch, dass sich unter der Heerschar an männlichen Köchen auch Frauen durchsetzen können!
Das Kochbuch ist wie alle Bücher aus dem AT-Verlag mit unglaublich viel Liebe gestaltet: ein hochwertiger Prägedruck ziert den Buchdeckel, eine Schleife, die man auch gleich als Lesezeichen entfremden kann, zeigt ein Bild der Autorin. Es gibt ein klar strukturiertes Register. Die Fotos von Hubertus Schüler sind wunderschön und erinnern mich an Stilleben. Dabei kugelt aber nicht alles an Lebensmitteln in der Gegend herum, sondern ist schön angerichtet auf jeweils passenden Tellern oder in Töpfen. Ausnahme sind die Einleitungsfotos zu den Kapiteln, da kugelt alles durch die Gegend: Beim Kapitel "Hülsenfrüchte & Getreide" findet sich ein lebensfrohes Durcheinander von vielen verschiedenen Zutaten. Das passt dann aber auch immer perfekt zu den jeweiligen Kapiteln.
Neben Vorwort und Anhang sind die Kapitel "Gemüse", "Reis, Bulgur & Couscous", "Hülsenfrüchte & Getreide", "Fisch", "Fleisch", "Süßes". Darüber hinaus finden sich Einschübe, mit denen auf einer Seite bei uns eher selten vertretene Gewürze genau erklärt werden, auf der gegenüber liegenden Seite ist das entsprechende Foto zu sehen.
Mit über 200 Seiten ist das Buch umfangreich, aber noch nicht so ein Wälzer, dass man es kaum in den Händen halten kann. Die Rezepte sind alle gut nachkochbar und es wird nicht mit so exotischen Zutaten gearbeitet, dass man sie von sonst wo bestellen müsste. Ich bekomme hier alles, was an "Exotika" gebraucht wird, in einem kleinen Asia-Laden, den Rest kann man im Supermarkt oder am Bauernmarkt kaufen.
Die Rezepte sind gut beschrieben und daher auch sehr schön zum Nachkochen. Was mir auch sehr gut gefällt: Es gibt Rezepte für jeden Schwierigkeitsgrad. Die beiden ersten Fotos hier, die Artischocken und das Bohnenpüree, sind einfache Alle-Tage-Gerichte, die man ohne Probleme auch nach einem arbeitsintensiven Tag kochen kann. Es sind aber auch Rezepte in den Buch, die total raffiniert sind und bei denen sich jeder Gast einen Nachschlag wünscht (Hab ich ausprobiert, ist wirklich so!). Es sind jetzt auch nicht Rezepte frei nach "Hier kocht Muttern", sondern das sind wirklich schöne und raffinierte Sachen, die gar nicht den schalen Beigeschmack nach schwerer Traditionsküche mitbringen.
Artischocken
Bei uns war das mit Erdäpfeln zusammen ein einfaches Abendessen: Die Artischocken werden mit verschiedenen Gewürzen und realtiv viel roter Zwiebel gebraten und schmecken sehr schön.
Bohnenpüree
Ja, kennt man. Glaubt man! Es ist aber wieder die Würze das gewisse Etwas, vor allem aber die Granatapfelkerne oben drüber gestreut, die das Püree besonders machen. Wir haben es mit Pfannenbrot aus dem Kochbuch gegessen, war beides super!
Suppe von der Räucherforelle
Mein persönliches Highlight! Nose to Tail von der Forelle quasi. Ich werde das Rezept noch in einem eigenen Postingvorstellen, weil das kann ich auf keinen Fall unter den Tisch fallen lassen.
Zucchiniküchlein mit Walnüssen und Rosinen
Man kann nie genug Zucchinirezepte haben, denn irgendwann im Sommer kommen alle Gartenbesitzer mit einem Riesenprügel von Zucchini daher. Dieses Rezept stelle ich daher im Sommer vor. Es ist ein wirklich gelungenes Küchlein, das durch Ingwer und Kreuzkümmel, dazu Walnüssen und Rosinen einen orientalischen Touch bekommt.
Schokoladenmousse mit Schokosand
Das ist jetzt das Dessert, von dem ich oben geschrieben habe, dass man damit rechnen muss, dass Gäste unbedingt einen Nachschlag haben wollen.
Es besteht aus 3 Komponenten: Mousse, Schokosand (aus eigens dafür gebackenem Teig geschreddert) und Kakaobaiser.
Noch dazu hat das den Vorteil, dass man danach nicht dasteht und schon wieder ein paar Eiklar übrig hat, also wieder Nose to Tail.
Ja, das wär's dann. Von mir eine ganz klare Kaufempfehlung, wenn man auch nur den Hauch an Interesse an persisch inspiriertem Essen hat. Es sind sowohl Rezepte für Anfänger als auch für Fortgeschrittene in dem Buch, solche für jeden Tag und solche für Feiertage. Für mich ist nach lange nicht Ende mit dem Nachkochen. Da finden sich noch etliche Lesezeichen im Buch, die ausprobiert werden wollen.
Fakten zum Buch
ISBN: 978-3-03800-873-6
Einband: Gebunden
Umfang: 208 Seiten
Kostet: 35,90 €
Danke an den AT-Verlag für das Rezensionsexemplar.