Zu den seltenen Gelegenheiten, bei denen ich Powidltatschkerl mache, fällt mir immer das geniale Lied von Hermann Leopoldi aus dem Jahr 1937 ein. Wobei mir das Lächeln, das dieses Lied auf mein Gesicht zaubert, dann schon auch mal einfriert, denn ein Jahr später wurde Hermann Leopoldi ins Konzentrationslager gebracht. In Zeiten wie diesen finde ich es aber enorm wichtig, sich daran zu erinnern, was vor gar nicht so langer Zeit in Österreich und in Deutschland passiert ist. Und leider haben wir nun wieder eine Partei in Österreich, die es schafft, das Übelste, das in Menschen verborgen ist, hochzuholen. Und besinnen wir uns darauf, wie viele Nationen in der österreichischen Küche versammelt sind. Hoffen wird, dass die herrlichen Powidltaschkerl wieder das Gute wecken!
Also: Es gibt wie immer viele Wege, die nach Rom bzw. zur Mehlspeise führen. Bei Obstknödeln darf es bei mir nur Topfenteig sein, bei Powidltatschkerln nur Erdäpfelteig. Da sind wir ÖsterreicherInnen eigen, denn bei den geliebten Mehlspeisen haben wir alle den einen Teig, der als einziger gilt. Ich mag hier gern den Erdäpfelteig, weil man bei dem relativ leicht ohne weitere Ruhezeit Mehl dazugeben kann, wenn das Probe-Powidltatschkerl, das man unbedingt immer machen sollte, sich im Wasser in Wohlgefallen auflöst.
Das wohl gröbere Hindernis ist, dass man kaum brauchbaren Powidl im Handel findet - also ich zumindest nicht. Wer immer Tipps für mich hat, wo man so richtig schnittfesten Powidl, der ohne Zuckerzusatz und Konservierungsstoffe hergestellt wurde, findet, bitte her damit! Ich bin mit dem Powidl meiner Oma aufgewachsen, die noch einen mit Holz beheizten Zusatzherd hatte, auf dem die Zwetschken über viele, viele Stunden ganz sacht eingeköchelt wurden, bis eine recht feste Masse entstanden ist. Diesem Powidl trauere ich immer noch nach.
4 Hauptspeisenportionen
Für den Erdäpfelteig:
½ kg mehlige Erdäpfel
150 g Mehl (glatt oder Allzweck)
30 g Butter
1 Ei
Salz
Für die Tatschkerln:
Powidl
100 g Semmelbrösel
75 g Butter
Staubzucker
Zimt, frisch gerieben
Backrohr auf 120 Grad vorheizen. Die Erdäpfel schälen, in gleich große Stücke schneiden, in Salzwasser garen. Abgießen und die Erdäpfel im Backrohr 10 min ausdämpfen lassen. Backrohr dann auf 70 Grad runterdrehen.
Salzwasser in einem großen Topf erhitzen.
Die Erdäpfeln noch heiß durch eine Presse drücken, die 30 g Butter gleich dazugeben, damit sie schmilzt, dann diese Masse abkühlen lassen. Mehl mit einer Prise Salz mischen, unter die Erdäpfel-Butter-Masse rühren, das Ei ebenso. Alles rasch zu einem glatten Teig verkneten.
Ein Stück vom Teig abzwicken und ca. 3 mm dick ausrollen und mit einer Kaffeetasse (Ausstecher geht natürlich auch) einen Kreis ausstechen. Bei mir hat die Kaffeetasse 8 cm Durchmesser, was ich für perfekt halte. Das Ei verquirlen und den Kreis damit an den Rändern bestreichen. Einen Teelöffel voll Powidl in die Mitte des Teiges geben, zusammenklappen und die Ränder sehr gut zusammendrücken. Dieses Probetascherl ins siedende Wasser legen und ein paar Minuten warten, ob der Teig hält. Wenn nicht, dann noch einen EL Mehl zum restlichen Teig kneten.
Wenn man von Anfang an mehr Mehl in den Teig gibt, wird der nicht so flaumig, wie er sein sollte, daher ist diese Prozedur leider unumgänglich. Ob der Teig hält oder nicht, hängt von der Stärkehaltigkeit der Erdäpfeln, der Qualität des Mehls und sogar von der Luftfeuchtigkeit ab. Ich komme mit den 150 g Mehl fast immer gut klar, aber manchmal hunzt (Übersetzung) er mich einfach!
Hält das Tatschkerl, rollt man den ganzen Teig aus, sticht Kreise aus. Den verbliebenen Teig noch einmal verkneten und ausrollen, wieder Teigstücke ausstechen. Wie vorhin beschrieben, Teigkreise bestreichen, füllen, verschließen. Die Tatschkerl ca. 8 min. in siedendem (nicht kochenden) Wasser garen.
In der Zwischenzeit die Bröseln in der Butter goldbraun rösten. Ich reibe immer eine kräftige Prise Zimt direkt zu den Bröseln, man kann aber auch zum Bestreuen der Tatschkerl Zimtzucker machen. Die fertig gegarten Tatschkerl in den Bröseln wälzen (vorsichtig!), auf einem ausreichend großen Teller auflegen, ab damit ins Rohr und 10 min. ausdunsten lassen. Mit Staubzucker bestreuen und servieren.
Nun bin ich euch aber noch das Powidltaschkerl-Lied schuldig - Ja so ein Tatschkerl, so ein powidales, das ist doch wirklich etwas Pyramidonales ...
Dieses Posting ist Teil einer Challenge mit süßen Teigtascherln:
Magentratzerl mit Quarktaschen |
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Friederike vom Fliederbaum mit Kletzennudeln |