Donnerstag, 31. März 2016

Arm aber bio - geht das?

Biorama kennen alle? Wenn nein, dann ab zum Lesen! Halt, nicht alle wegrennen. Es würde mich freuen, wenn mir noch jemand erhalten bleibt. Aber egal, jedenfalls hat Biorama in einer Bloggergruppe gefragt, ob vielleicht jemand mitmachen mag bei diesem Experiment: 6,- Euro Budget pro Tag und Person hat man angeblich in Österreich für Essen zur Verfügung, wenn man mit Mindestsicherung auskommen muss. Interessanterweise macht ein österreichischer Politiker auch gerade den Versuch, allerdings meint er, es stünden einem dann 7,50 Euro pro Tag zur Verfügung. Das ist immerhin ein Kilo Erdäpfel mehr, das man an einem Tag einkaufen kann. Woher diese Differenz kommt, weiß ich nicht und hat mir trotz Nachfrage auch niemand erklären können. Egal!


Ich dachte, wenn man über eine FoodCoop einkauft, kommt man recht gut weg, was das Finanzielle angeht. Selber habe ich zwar keinen CSA-Anteil, aber viele Leute meiner FoodCoop haben einen und sind ganz begeistert. Ist ja nicht so, dass man nur selber leben will, die Bauern möchten das auch. Also habe ich fotografiert, was man für 20,- Euro beim Demeter-Bauer Mogg bekommt - das alles unter der Auflage, dass ein Jahr lang wöchentlich mindestens 10 Ernteanteile an einen von den Abnehmern angemieteten Ort geliefert werden können, also fallen auch dafür noch Kosten an. Der Ernteanteil beinhaltet 1 Kilo Zwiebel (rot und gelb), 1 Kilo Rote Rüben, 1 Kilo Topinambur, 2 Hände voll Pflücksalate, 1 Glas Essiggurkerl, 1 Glas Krautsalat. Das war eine Ernüchterung.

Ich habe einen türkischen Supermarkt im Haus, wo ich ab und zu wunderschönes Gemüse (leider alles nicht bio) einkaufe, außerdem kennen alle LeserInnen mein Balkonien, wo ich auch ernte (alles bio), ich gehe auch gern auf Märkte, auf denen ich meist bio, selten nicht-bio einkaufe, daher habe ich nicht arg viel Ahnung, wie viel es wirklich kostet, Gemüse nur bio zu kaufen. Mein "Ich komme locker durch mit dem Geld" ist in diesem Moment, als ich das Gemüsekistel sag, verflogen.

Bio-Brot kaufen? Nicht bei diesem Budget. Da darf man dann brav immer selber backen. Wurst und Käse? Vielleicht einmal in der Woche und das auch nur in sparsamen Mengen. Kuchen backen tu ich in der Regel einmal in der Woche und diesen Luxus kann man sich durchaus gönnen, wenn man mit so wenig Geld auskommen muss. Überhaupt geht alles, was mit viel Mehl gemacht ist oder nur aus Kohlehydraten besteht - nun ist klar, warum oft ärmere Leute ein bissl pummeliger sind.

Die feinen Bio-Säfte, die ich über die FoodCoop beziehen kann, kosten mindestens 2,- € pro Liter, oder gar mal eine Flasche Cider vom Biobauern - kann man alles vergessen. Was ich in der Zeit, in der ich versucht habe, mit ganz wenig Geld durchzukommen, wieder sehr schätzen gelernt habe: Wiener Leitungswasser. In welcher glücklichen Situation wir in Österreich doch sind, dass wir das nicht nur einfach so trinken können, sondern dass das Wasser wirklich gut schmeckt. Wie viele Teile der Welt in einer anderen Lage sind, das weiß man.

Zu einem Familiengeburtstagsessen habe ich ein Menü gekocht. Hauptgang: Tafelspitz. Das hat mir mein Budget dann komplett gesprengt. Und zwar so, dass ich den ganzen Monat nur mehr Hülsenfrüchte und Kohlehydratreiches essen hätte dürfen, um das wieder auszugleichen. Ich habe also nach zwei Wochen aufgegeben.

Noch ein CSA-Anteil vom März: Pastinaken, Erdäpfel, Zeller, Basilikum im Topf
Mein Fazit: Ja, es würde sich irgendwie ausgehen, dass man bio isst, wenn man auf wirklich jede Art von Luxus verzichten kann. Wenn ich wirklich mit so wenig Geld durchkommen müsste, würde ich auf bio pfeifen und meine Lebensmittel beim Diskonter kaufen. Wenn ich aus welchen Gründen auch immer nicht arbeiten könnte, würde ich mit dem übrigen Geld wenigstens alle heiligen Zeiten ins Kino gehen, um mir das Leben ein wenig zu erhellen - also falls sich Kino überhaupt ausgeht, was ich eigentlich bezweifle. Ich glaube, man gibt in so einer Situation so ziemlich alles, was man variabel zur Verfügung hat, nur mehr für Essen und Kleidung aus.

Es war wirklich eine sehr lehrreiche Zeit. Wer denkt, es ist eine bequeme Hängematte, in der man als Mindestsicherungsbezieher liegt, der irrt gewaltig!


Nun kommen nur ein paar Low Budget-Rezepte, die sich auf meinem Blog finden:
Erdäpfel-Pastinaken-Laberln
Linsenreis - Mejadra
Erdäpfelschmarrn
Liptauer auf selbst gebackenem Sauerteigbrot
Rotweinlinsen mit Ziegenkäse-Crostini
Bärlauch-Spinat mit Ei
Kürbis mit Linsen und Feta 
Fleischknödel
Linsen mit Nudeln und Minzjoghurt
Schupfnudeln mit Specksauerkraut
Scharfes Linsencurry
Kohlsprossenrisotto
Erdäpfellaberln
Krautfleckerln
Grammelknödel
Einbrennte Hund
Erdäpfelgulasch
Erdäpfel Tarte Tatin mit verstecktem Knollenziest
Pizzas, Flammkuchen und Konsorten

18 Kommentare :

  1. Da lob ich mir hier doch meine Ecke vom Schlaraffenland, ich kann sehr viel direkt vom Erzeuger zu wirklich günstigen Preisen kaufen. Bio allerdings steht da selten drauf, es wird auf Haltung/Aufzucht/Anbaubedingungen verwiesen die man sich ja direkt vor Ort anschauen kann.
    Und doppelt bin ich froh - toi-toi-toi- doch ein komfortableres Budget zur Verfügung zu haben.

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  2. Schöner Beitrag! Hab ihn auf Twitter geteilt und verlink ihn dann in meinem #armeleuteessen Beitrag
    lg Sina

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    1. Danke fürs Teilen. Ich hab ja grad nicht die besten Mäglichkeiten, es zu verbreiten.

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  3. Ich bin absolut der gleichen Meinung wie du - ABER:
    Bei uns am Ort gibts einige Hartz IV beziehende Muttis, die ihre Kids im Kindergarten abgeben und dann den ganzen Vormittag nicht wissen was sie mit sich und ihrer Zeit anfangen sollen . . . gegen Mittag holen sie die Kids wieder ab, steuern den nächsten Supermarkt an und kaufen tütenweise Fertiggerichte als Mittagessen - was die dafür bezahlen, da koch ich dir ein 4-Gänge-Menü, wenn auch nicht Bio, aber doch mit frischen Zutaten!!!
    Das ärgert mich richtig, da wir direkt neben dem Kindergarten wohnen und ich das täglich beobachten muss . . . und glaub mir, die haben absolut kein Interesse an Bio! Ich möchte natürlich nicht alle Mindestsicherungsbezieher über einen Kamm scheren, aber hier tun mir halt die Kinder so leid . . .
    Deine Doris, die froh ist, dass es ihr so gut geht!

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    1. Also ich verstehe nicht, dass man freiwillig so lebt. Zum Glück muss ich es nicht verstehen.

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  4. Wenn ich ehrlich bin, ist mir Bio nur bei tierischen Produkten wichtig. Ich wohne mitten in einem Gemüseparadies und es ist mir viel wichtiger, regionale und dementsprechend frische Produkte zu kaufen.
    Ich bin der Meinung, dass Biogemüse diese Welt nicht unbedingt besser macht, außer vielleicht, dass sich der Käufer besser fühlt ;-) das sieht bei Produkten rund ums Tier allerdings ganz anders aus.
    Dass ich mein Essen einkaufen kann, ohne groß aufs Budget zu schauen, dafür bin ich wirklich jede Woche beim Einkauf sehr, sehr dankbar.

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    1. Das hab ich eh geschrieben, wie ich normalerweise einkaufe: schon bio, aber nicht mit "muss", Viecher sind aber auch bei mir die Ausnahme, da muss alles bio sein.

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    2. Mir ist Bio auch bei Gemüse und Obst wichtig, da gibt es ja mittlerweile einige Untersuchungen, die zeigen das Bio-Gemüse deutlich weniger (320-mal!) mit Pestizidrückständen belastet ist, als konventionelles Gemüse. Ich liebe regionale Ernährung, nur Gift will ich nicht in meinem Essen - auch nicht aus der Region ;-)

      (Siehe z.B. hier: https://mlr.baden-wuerttemberg.de/de/unser-service/presse-und-oeffentlichkeitsarbeit/pressemitteilung/pid/oekomonitoring-2014-bestaetigt-oeko-lebensmittel-weit-ueberwiegend-rueckstandsfrei/)

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    3. Jein ... Aber ich denke, das Thema können wir hier in seiner ganzen Komplexität nicht ausdiskutieren.
      Es gibt nicht-bio-zertifizierte Bauern, bei denen ich sehr gern einkaufe, weil ich weiß, wie sie produzieren. Auf der anderen Seite gibt es Biozertifikate, die sehr leicht zu erreichen sind und nicht wirklich viel wert sind.
      Und dann ist da noch der Alltag, der auch gemanaged werden will und in dem durchaus ab und zu meine Faulheit siegt, ich also schnell mal in das türkische Geschäft in unserer Wohnanlage reinhusche, um mir Gemüse zu kaufen, von dem ich nicht die geringste Ahnung habe, wie es produziert wurde.

      Aber zum Glück bleibt das jedem selbst überlassen, wie er das macht. :)

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  5. Und ich dachte wirklich immer, wenn man saisonales (bio) Gemüse kaufe, käme man mit 6€ am Tag (zu zweit ja immmerhin 12...) ganz gut hin. Aber ich bin ja auch recht großer Fan davon, fast alles selbst zu machen...

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    1. Wenn man keine Gewürze, keine Kräuter, keine Öle braucht, dann sicher. Und trinken nur Leitungswasser.

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  6. Es muss vielleicht nicht immer Bio sein, aber auf jeden Fall lohnt es sich zu vergleichen, nach besseren Alternativen zu suchen und bewusst die Kaufentscheidungen zu treffen. Nicht jeder hat viel Geld, aber wir alle können uns im Rahmen unserer Möglichkeiten so gutes Essen wie möglich kaufen. Wenn man ganz einfache Zutaten kauft, keine Fertiggerichte, spart man viel Geld und hat Spaß beim Essen :-)

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    1. Fertigfutter wäre das Letze, was ich kaufen würde - egal, wie üppig oder klein das Budget ist, denn das geht richtig ins Geld.

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  7. Bei uns gab es dazu kürzlich eine Reportage, in der gezeigt wurde, dass man mit viel Disziplin auch mit wenig Geld rein mit bio-Lebensmitteln kochen kann. Aber einfach ist anders...

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    1. So würde ich das auch sehen. Meine Prioritäten wären dann halt andere, weil bio leben und dafür vielleicht die Waschmaschine nicht reparieren lassen und händisch waschen, das wäre definitiv nichts für mich.

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  8. Ich bin in einer großen Familie aufgewachsen, ist allerdings schon eine zeitlang her. Wir sind 7 Geschwister und nur mein Vater hat verdient, ging auch nicht anders. Man hat anders gelebt. Urlaub war tabu und Luxus gab es überhaupt nicht. Ein Mal die Woche am Sonntag gab es Fleisch und da günstige Teile. Wir sind 4 Mädchen und hatten eine Puppe. Die Kleider wurden geflickt und von einer zur nächsten weiter gereicht, wenn sie zu klein waren. Ich hatte nie das Gefühl wir seien arm. Ich hatte eine sehr schöne Kindheit von der ich heute noch zehre, was sicher stark von meinen Eltern abhing. Heute ist man vieles gewohnt, was es früher gar nicht gab und einem heute viel Geld wegnimmt: Autos, Sport, Handys, Urlaub....vor allem wenn es für mehrere reichen muss.
    Ich bewundere dich, dass du dir die Zeit genommen hast das Experiment zu probieren. Weil man es nicht mehr nötig hat, tut man sich so etwas nicht mit leichtem Herzen an.

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    1. Liebe Magdalena,
      da sind wir ähnlich aufgewachsen. Nur wurden die Kleider nicht weitergegeben, weil das wegen des Altersabstandes nicht möglich war, aber meine Mutter und meine Oma haben selbst genäht.
      Und es schadet einem ganz und gar nicht, sich wieder einmal ein bisschen drauf zu besinnen, wie sich der Lebensstandard für die meisten von uns gebessert hat. Auch ich bin nicht unglücklich gewesen als Kind, sondern das war halt damals so.
      Freut mich, dass das mit dem Experiment nicht so rüberkommt, als hätte ich "ein bisschen auf arm getan".

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