Ja, wir waren tatsächlich schon wieder weg, dieses Mal in Prag. Das ist von Wien aus relativ nah, aber dennoch waren wir schon ewig nicht dort. Also haben wir uns in den Zug gesetzt, sind hingefahren, haben ein paar geniale Tage dort verbracht, viel angeschaut, die Füße zum Rauchen gebracht und - wie könnte es anders sein - haben wieder einmal eine Foodie Tour mitgemacht:
Eating Prague. Dieses Mal wurde die Tour von einem Unternehmen, das man schon als international bezeichnen kann, organisiert - sie bieten noch an
Eating Italy in Rom,
Eating London und
Eating Amsterdam. Dennoch ist das keine Massenabfertigung, im Gegenteil, dieses Mal waren wir nur zu viert bei der Tour und es war eine ganz wunderbare Nascherei einmal quer durch Prag.
Aber jetzt zum Essen: Die erste Station war eine süße. Bei
Pernickuv sen gab es diese drei Köstlichkeiten. Einen Lebkuchenkeks mit Mohnfülle, ein unglaublich gutes Vanillekipferl und eine Lebkuchenroulade, wie ich sie in meinem Leben noch nie gegessen habe. Da durften dann gleich ein paar Stücke mit nach Hause kommen - wunderlicherweise haben sich die aber so schnell in Luft aufgelöst, dass ich gezwungen sein werde, sie nachzubacken. Zumindest werde ich es versuchen: Sehr dünn ausgewalkter Lebkuchenteig, bestrichen mit Powidl und bestreut mit gehackten Nüssen.
Die nächste Station war
Sister's, in dem es köstliche Brötchen gab. Das ist eine Spezialität Böhmens, dass Sandwiches nie ein Obendrauf haben, sondern immer offen sind. Hier wurden wir verwöhnt mit Sandwiches mit Selleriestreifen, Rote Rüben-Aufstrich und - ganz links im Bild - Fischbrötchen.
Dazu gab es aufgespritzten Hollerblütensirup. Für Wiener jetzt nichts Spezielles, aber in vielen Teilen der Welt haben die Leute nicht das Glück, diese Köstlichkeit zu kennen.
Es gab nicht nur körperliche, sondern auch jede Menge geistige Nahrung:
Unser Führer erzählte uns auf dem Weg zu den einzelnen Stationen viele
Sachen, die man wahrscheinlich auf 08/15-Führungen durch Prag nicht
erfährt. Für mich als Wienerin war zum Beispiel recht erstaunlich, dass
zwei Drittel aller Filmszenen, die im Film dann in Wien spielen, in Prag
gedreht werden. Und natürlich haben wir so eine Filmkulisse auch zu
sehen bekommen.
Hier referiert er über die Philosophie des Fleischhauers, vor dessen Auslage er steht: Qualitativ sehr hochwertiges Fleisch, kein Billgstfleisch, beste Wurstwaren.
Ich habe mich gefragt, ob wir jemals das Glück haben werden, so einen Fleischhauer auch einmal in Wien haben zu können. So eine tolle Auswahl habe ich hier noch nirgends gesehen.
Und hier ist schon eine der Köstlichkeiten aus der Fleischhauerei
Nase Maso: eine von vielen Schinkensorten, dazu köstliches hausgemachtes Brot, bester Senf und süßsauer eingelegte Gurkerln. Auf diese Art eingelegte Gurkerln haben wir in Wien auch - da macht sich die räumliche Nähe bemerkbar. In vielen Teilen der Welt scheint das eher unbekannt zu sein.
Ich muss gestehen, dass eigentlich links vom Schinken auch noch Pastrami gelegen wäre. Das hat aber so gut gerochen, dass es schneller gegessen war als ich fotografieren konnte.
Und noch zwei verschiedene Würste zum Verkosten: Klobassa und Speckwurst
Klobassa haben wir in Wien auch, aber nicht so gute - zumindest ich kenne keine, die so schmecken. Es ist eine recht rustikale Wurst, die gebraten wird, dazu gab es wieder diesen unglaublichen Senf und das gute Brot.
Speckwurst war auch für mich eine Neuigkeit. Auch hier haben wir genau erfahren, was drinnen ist und wie man sie zubereiten kann. Auf jeden Fall kann sie ihren Namen nicht verleugnen, denn sie besteht großteils aus Schweinespeck. Zu meinem Erstaunen schaute sie nicht so deftig aus und schmeckte auch nicht so. Sie tarnt sich also recht gut als harmloses Würstchen.
Die Verkostung im
Restaurant Zvonice war mein persönliches Highlight: eine typische böhmische Sauerkrautsuppe, so dick, dass sie als Hauptgericht durchgehen würde. Zu meinem Erstaunen waren da Eierschwammerln drinnen, die wahnsinnig gut gepasst haben. Normalerweise wird dieses böhmische Nationalgericht mit Erdäpfeln gebunden, aber hier kamen Braterdäpfeln als Einlage hinein, die Bindung entsteht ausschließlich durch püriertes Sauerkraut. Und oben drauf ein Klecks Sauerrahm. Zu diesem Lokal gibt es ein
Video, in dem man das Ambiente sehen kann, das auf meinem Foto gar nicht sichtbar ist - das Restaurant ist in einem alten Glockenturm, in dem die Glocke noch hängt. Das gesamte Holz, das durch den Umbau abgebaut wurde, wurde im Restaurant wieder verarbeitet. Genial schaut es dort aus!
Nicht weniger genial das Ambiente in unserer nächsten Station:
Styl a Interier. In einem von außen ganz unscheinbaren Haus wurden Möbel restauriert. Um diese schön zeigen zu können, wurde im hinteren Teil des Hauses ein Raum damit eingerichtet. Irgendwann kam da eine Kaffeemaschine hinein, dann wurde Kuchen gereicht, der Garten hübsch gemacht und erhielt schlussendlich einen Preis als einer der schönsten Gastgärten. Man sitzt immer noch auf Sesseln, an denen Preisschilder hängen und man kann ziemlich viel von den Möbeln kaufen, aber nach dem, was ich so gesehen habe, scheint das Lokal mehr als gut zu gehen. Ohne Reservierung hat man dort keine Chance, einen Platz zu ergattern.
Für uns gab es Kräutersalat mit würzigen Labneh-Knöderln. Zum Trinken etwas, das ich seit meiner Jugend nicht mehr im Glas hatte: Obstwein, in diesem Fall Wein aus schwarzen Ribiseln. In Prag entdeckt man anscheinend gerade, dass Obstweine früher sehr beliebt waren, und sie erleben ein Revival. Hoffentlich bleiben die österreichischen Obstbauern nicht beim
Most stehen, sondern hängen sich da eifrig dran!
Nun kommt schon die letzte Station, das
Café Louvre - "schon" ist gut! Viel mehr hätte ich nicht mehr essen können. Bis dahin haben wir wirklich nur verkostet - ein Radl Wurst, ein Vanillekipferl, ein kleiner Salat -, aber hier gab es eine wirkliche Hauptspeisportion eines Klassikers aus der böhmischen Küche: gespickten Rindsbraten in Wurzelsauce mit böhmischen Knödeln. Ich dachte erst, oh je, diese Knödeln sind nicht mein Ding, aber wurde auf sehr angenehme Weise überrascht. Ganz flauschig-flaumige Germknödelscheiben sind das gewesen! Die brauchen übrigens diese Menge aus Sauce. Der Klecks Schlagobers, der auf einer Zitronenscheibe mit Preiselbeeren ruht, zeigt, dass hier mit richtigem Schlagobers gearbeitet wird. Man hat es der Sauce auch angemerkt, so sämig war sie. Und wirklich perfekt bis ins Detail: auch die Preiselbeermarmelade ist hausgemacht.
Nun noch ein Stück Apfelstrudel, ebenfalls aus dem
Café Louvre: Im Gegensatz zum österreichischen Apfelstrudel ist der Teig ein wenig dicker, aber nicht knusprig, sondern butterweich und süß. Die Äpfel für böhmischen Apfelstrudel müssen traditionell Fallobst sein, damit sie lange genug auf dem Baum waren, um so süß zu werden, dass die Fülle keinerlei Zucker mehr benötigt.
Dieses Kaffeehaus hat übrigens viel mit der österreichischen Kaffeekultur gemein: Berühmte Leute, in diesem Fall Leute wie Kafka und Einstein, waren dort Stammgäste. Und das habe ich tatsächlich vergessen zu fragen, ob das Schnapsglas voll Wasser, das man in Prag zum Kaffee bekommt, auch aus dieser Tradition stammt.
Wie immer zum Abschluss, was es noch zu sagen gibt: Diese Tour war wirklich genial. Ich weiß jetzt nicht, wie die Touren dieser Firma in den anderen Städten sind, aber diese da kann ich allen Prag-Besuchern nur wärmstens ans Herz legen! Jedes einzelne Lokal war sowohl vom Ambiente als auch vom Essen her grandios. Unser Führer Jan war ein Herzblatt und hat uns fast fünf Stunden kreuz und quer durch Prag geführt, hat genau Bescheid gewusst über so ziemlich alles. Würde ich Punkte vergeben, bekäme diese Tour alle nur möglichen verliehen.
Was jetzt noch kommt, sind ein paar persönliche Tipps. Prag hat eine wunderbare Bierkultur, die nicht unerwähnt bleiben soll. Es gibt eine extrem viele Bierlokale, darunter jede Menge Touristenfallen. Und dann gibt es noch das
U Kunstatu. Um die 50 verschiedene Craft-Biere laden zum Verkosten ein. Es gibt dort wirklich nur handwerklich erzeugte Biere, nichts aus Großbrauereien. Man kann ganz nach dem persönlichen Geschmack bestellen und sich durchkosten. Auch eine richtige Bierverkostung wird angeboten, was wir leider nicht gewusst haben, sonst hätten wir uns sicher angemeldet.
Man kann auch Kleinigkeiten essen: Würste und Käse gibt es, Ende. Aber die Würste sind wirklich empfehlenswert. Die Wildwurst war zum Niederknien gut, der marinierte Käse ebenfalls.
Hier wären wir wieder bei
Nase Maso, dem Fleischhauer von vorhin. Das war unser erster Platz, wo wir in Prag hingefahren sind - lag erfreulicherweise auf unserem Weg zum Hotel, also sind wir gleich auf dem Hinweg, noch mit Trolleys bewaffnet, dort aufgeschlagen. Man sollte dort auf jeden Fall Burger essen! So perfekte Burger kriegt man kaum woanders. Und da wird sich nicht mit Schnickschnack wie Käse und Salat aufgehalten. Fleisch! Fast nur Fleisch. Gerade ein paar hauchfeine Scheibchen von den süßsauer eingelegten Essiggürkchen und ganz wenig roter Zwiebel waren drinnen. Perfekt gebraten, umhüllt von einer Mohnsemmel. Wirklich ein Gedicht.
Wenn man noch nicht genug hat (was mich wundern würde, weil der Burger ist ein ordentliches Trumm), dann sollte man dort noch das Beef Tatare essen.
Überhaupt: Wenn ich wieder mal nach Prag fahre, dann mit Kühltasche. Dann kaufe ich Nase Maso leer. So!
Was mich überrascht hat, waren die vielen Kaffeehäuser - hier kommt die gemeinsame Geschichte mit Wien wieder zum Tragen. Kaffeehäuser wie das
O Kavárne sind Juwelen sondersgleichen. Natürlich auch Touristenfallen. Man sollte aber dennoch wenigstens auf einen kleinen Kaffee reinschauen, um das Jugendstil-Ambiente zu genießen. Es ist wirklich wie aus dem Bilderbuch.
Ein paar Häuser weiter noch ein Juwel, schon weniger bekannt und daher nicht so rappelvoll. Das kubistische
Grand Café Orient im
Haus zur Schwarzen Muttergottes sollte man sich auch nicht entgehen lassen. Allein schon der tropfenförmige Stiegenaufgang ist sehenswert - hier muss sich die Funktionalität der Schönheit unterordnen. Ich mag so etwas sehr.
Und schließlich noch Kaffee trinken in Art Deko:
Café Imperial
Auch hier ist alles im Original erhalten und eine Augenweide. Der Service ist sehr aufmerksam und flink, der Kaffee gut, die Torten, die einen gleich beim Hineingehen anlachen, ebenso. Die Preise sind verglichen mit Wien sehr moderat.
Der Turbohausmann hat hier Apfelstrudel gegessen, der war ganz okay, aber besseren isst man doch im
Café Louvre.