Es ist aber nicht nur die Kochkunst, die dort betrieben wird, die einzige Attraktion, sondern das Lokal ist an und für sich ein Gesamtkunstwerk: Ein altes Haus, wunderschön renoviert mit viel Detailverliebtheit. Im Garten sitzt man an wunderbar großen Tischen auf Holzbänken, rundherum säumen nicht nur Blüh- sondern auch Beerensträucher das Grundstück. Man könnte also ohne weiteres während des Essens von den Ribiseln naschen, die in dicken Trauben an den Pflanzen hängen.
Nun gibt es seit Jahren eine ganz besonders sympathische Einführung: Bevor das Lokal in die wohlverdienten Sommerferien geht, gibt es ein "Restlessen" - na ja oder so irgendwie ... Bei mir schaut ein Restlessen anders aus. Jedenfalls wird alles, was sich noch in Küche und Keller findet, verkocht. Man weiß nicht, wie das Menü ausschauen wird, nicht einmal, wie viele Gänge serviert werden. Und das Lokal was ausgebucht bis auf den letzten Platz! Nun weiß ich auch, wieso das so ist: Es war umwerfend!
Falls jemand weiß, wie diese tolle Blüte heißt, die als Tischschmuck diente, bitte verraten! |
Los ging es mit einem Starter, der bestand aus einer sehr gut schmeckenden Butter, Rohschinken, einem Topfenaufstrich und Liebstöcklbutter.
Schon wieder Liebstöckl in einer genialen Form, in der er bei mir nie auf den Tisch kommt. Da muss sich bei mir was ändern.
Jedenfalls war das eine schöne Einstimmung auf die kommenden Gerichte. Dazu gab es verschiedene Brotsorten, eine köstlicher als die andere.
Ein Gruß aus der Küche: Liebstöcklschaumsüppchen, serviert in einer Espressotasse. Die Wiederholung gleich nach der Liebstöcklbutter kam etwas schnell, aber dennoch gut.
Bitte wie bringt man einen dermaßen stabilen Schaum zustande? Da waren viele, viele Leute, alle bekamen dasselbe serviert und
Unter einer hauchdünnen Scheibe knusprigem Pumpernickel versteckt sich Bachsaibling auf einer rahmigen Creme mit Gurke und Borretsch.
Schon wieder so ein Rätsel: Wie bringt man Pumpernickel so hauchdünn und knusprig? Bisher war das für mich ein sehr lange haltbares und recht pampiges Brot. Dann kommt auf einmal sowas daher!
Zwischengericht: Schafkäse auf Rhabarbermus mit Quinoa - wobei da die Meinungen auseinander gehen, denn der Ober sagte, das sei Bulgur, auch auf Nachfragen meinte er, das stimmt schon so: Bulgur. Aber nachdem ich schon vom Liebstöckl, vom Schaum und vom Pumpernickel so überrascht worden war, habe ich es einfach hingenommen. Geschmeckt hat es auf jeden Fall sehr gut. Der Rhabarber wurde nicht als süßes Obst serviert, wie das hierzulande meistens der Fall ist, sondern so, wie er zum Beispiel in Großbritannien serviert wird, nämlich als Gemüse.
Schon wieder so ein "Ohhh"- und "Aaahhh"-Ding: Kalbsröllchen gefüllt mit Flusskrebsfarce. Wie filigran hier gearbeitet wird, ist erstaunlich. Das Röllchen saß auf einem Saucensockel, von dem ich wieder einmal nur staunen konnte, wie man so etwas auf einen Teller bringen kann.
Die Suppe. Natürlich wieder ein stabiler Schaum auf einer - tataaa! - Taubensuppe. Das Staunen meinerseits wurde aber erst so richtig groß, als ich das auf dem Löffel befindliche panierte Wachtelei öffnete: Natürlich war es genau auf dem Punkt. Das Eiweiß fest und das Eigelb flüssig.
Wenn ich denke, wie stolz ich schon bin, wenn ich ein gebackenes Hühnerei so zusammenbringe! Diese Futzelarbeit, ein Wachtelei von der harten Schale zu befreien, während es innen noch so weich ist, kann ich mir lebhaft vorstellen.
Schweinebauch auf Jus, Jungkrautmus, Jungkraut, dazu gebratene Erdäpfelscheiben und frittierte Petersilie. Ja, die machen dort wirklich aus Kraut ein Mus. Und das schmeckt! Auch die Wiederholung, dass auf dem Krautmus noch gebratenes Kraut lag, war fein. Unterm Strich gesehen die Neuinterpretation eines klassischen Schweinsbratens: Schwein, Kraut und Erdäpfeln. So elegant kann man Schweinsbraten servieren.
Rindslungenbraten mit Gemüsemus und - jetzt kommt es: paniertem Risotto aus Riso Nero. Da war wirklich eine ganz feine panierte Hülle um den Riso Nero herum.
Schon wieder so eine Frage: Wie machen denn die das? Ich hab keine Vorstellung.
Oben auf dem Fleisch lag ein gebratenes Salbeiblatt. Bunter Salbei, nicht irgendeiner. Und schön sanft gebraten, damit er nicht bitter wird. Also wieder ein Gang, der perfekt geraten war.
Dass das Fleisch perfekt gebraten war, muss ich wohl nicht schreiben.
Der krönende Abschluss: Eis, Nougatmousse, Erdbeeren, Minze, süßer Knusper, von dem ich wieder einmal keine Ahnung habe, was es war - eine Traumkomposition!
Ich kann es gar nicht glauben, dass das wirklich neun Gänge waren!
Aber zum Glück gibt es dort auch einen Hofladen, den ich noch halb leer kaufen konnte ...
Danke für den wunderbaren Abend!
Noch ist mein Liebstöckel zu klein als dass ich da Butter von machen könnte- die Idee ist aber vorgemerkt! Und überhaupt, so ein Reste-Essen ist eine super-Idee, ich hoffe ich vergesse das nicht für nächstes Jahr, vielleicht ist das auch was für den Sohnemann...
AntwortenLöschenSina hat gemeint, sie kennt das mit dem Restlessen von einigen Lokalen. Mir war das auch ganz neu. Aber gut, an dem Abend habe ich viele neue Sachen kennengelernt.
LöschenLiebe Turbohausfrau
AntwortenLöschenDie Blume im Glas ist eine Cleome spinosa, eine Spinnenblume. Sie ist einjährig, leicht zu säen und aufzuziehen und blüht auch in grossen Töpfen auf dem Balkon...
Liebe Grüsse aus dem Emmental
Susann
Liebe Susann,
Löschenich danke dir ganz herzlich!
Dass diese Blume leicht in Töpfen zu ziehen ist, lese ich ganz besonders gern. Ich gehe dann mal auf Saatgutsuche.