Letztens bekam ich Orangen geschenkt, aber gleich mit dem Hinweis, dass das Fruchtfleisch grauslich sauer wäre, zu gebrauchen ist nur die Schale. Genauer gesagt: Die wären so sauer, dass sie einem das Hemd hinten reinziehen ... ;)
So etwas weckt natürlich immer meinen Ehrgeiz, weil Zitrusfrüchte gehören zu meinen speziellen Lieblingen und gerade diese da waren von historischen Orangenbäumen, natürlich bio, also Schätze, die auf jeden Fall pfleglich behandelt werden wollen. Und ich dachte, vielleicht kommt ja mal jemand in die Situation und erwischt langweilige oder saure Orangen, dann findest sich hier eine Anleitung, was man damit machen kann.
1. Man setzt Likör an
1/2 kg Bioorangen
1/2 l Weingeist (96 % Vol.)
2 EL Orangenblütenwasser
Für Orangengewürzlikör:
1 Stück Zimtrinde (Cassia passt besser)
1 Sternanis
3 Gewürznelken
600 ml Wasser
400 g Zucker
Die Schalen der Orangen mit einem Sparschäler dünn abschneiden. Die Schalen in ein Glas mit Schnappverschluss geben, wer die Gewürzvariante will, gibt selbige jetzt dazu. Alles mit Weingeist bedecken, mindestens einmal am Tag durchschütteln. Die Farbe geht innerhalb einer Woche in den Weingeist über. Die Schalen verlieren die Elastizität vollkommen und man kann sie richtig zerbröseln. Man seiht die Essenz nun ab, könnte das Orangenblütenwasser dazugeben und nach nochmaligem Filtern alles zur fertigen Essenz sehr frei nach Herrn
Mundschenk erklären.
Mir sind aber solche hochprozentigen Sachen immer ein bissl ungeheuer. Ich habe Zucker und Wasser aufgekocht, überkühlt mit der Essenz vermischt, das Orangeblütenwasser dazugegeben, in Fläschchen abgefüllt.
Fertig ist die Sache damit aber noch immer nicht, denn die Aromen vermischen sich immer besser mit der Lagerung. Ich habe in den Untiefen meiner Schränke einen Orangenlikör aus dem Jahr 2013 entdeckt, der war wirklich perfekt. Also man kann so schon für Geschenke für die nächsten Jahre vorsorgen.
2. Man kandiert die Schale
Hier habe ich schon einmal Zitronat selbst gemacht. Und ich habe beschlossen, dass ich auch dieses Mal nicht den mühsamen Weg gehen werde und eine Prozedur über 4 Tage veranstalte. Dabei werden Wasser und Zucker aufgekocht, die blanchierten Schalen darin gekocht, über Nacht ziehen gelassen, mehr Zucker dazu, wieder gekocht, wieder ziehen lassen usw. Ich hab die Mengen- und auch die Temperaturangaben von
hier geklaut und es hat gut geklappt. Aber jetzt langsam Schritt für Schritt:
1 kg Orangen sehr gut waschen, auspressen, das Fruchtfleisch komplett aus den Schalen herauskratzen. Die Hälften vorsichtig in dickere Streifen schneiden - kürzere Streifen gehen natürlich auch, sind aber schwer zu händeln, wenn man sie später aus dem Zucker herausfischen will.
Die geschnittenen Schalen werden dann 2 x je 5 min. blanchiert, um die Bitterstoffe herauszuziehen. Daher das Wasser wechseln!
Bei mir ergab das Kilo Orangen etwas mehr als 300 g Orangenschalen. 1/2 kg Zucker mit 1/2 l Wasser aufkochen und die Orangenschalenstreifen hineingeben. Ca. eine Stunde leicht köcheln lassen. Nach einer Stunde ist fast kein Wasser mehr da, daher aufpassen, dass da nichts anbrennt. Über Nacht stehen lassen.
Wie das am nächsten Tag ausschaut, sieht man auf dem Foto: Man kann den Topf umdrehen, da fällt nix mehr raus. Oder zumindest nicht schnell, denn es ist nur mehr sehr wenig sehr fester Zuckersirup da, der pickt wie Uhu.
Das alles muss man nun recht vorsichtig erwärmen. Nicht zu schnell, weil der Zucker muss Zeit haben, dass er wieder flüssig wird. Und nun erhitzt man alles auf 112 Grad. Man muss wirklich ständig auf das Thermometer achten, denn das geht dann sehr schnell, dass die Temperatur erreicht ist. Topf vom Herd ziehen und gleich weiterarbeiten, damit der nun praktisch kaum mehr vorhandene Zuckersirup nicht hart wird.
Man hat am besten zwei Stück Backpapier hergerichtet und Kuchengitter draufgestellt. Mit irgendeinem Greifwerkzeug die Orangenschalen herausfischen, auf die Gitter legen und 24 Stunden trocknen lassen.
Man kann die Streifen dann einfach in Kristallzucker wälzen wie auf dem Foto ganz oben. Man kann sie in geschmolzene Schokolade tunken. Oder einfach so lassen, in eine gut schließende Dose geben und ab damit in den Kühlschrank.
Was ich gern mache: Orangengranola - Rezept folgt ASAP.
3. Orangenzucker
Das habe ich schon letztes Jahr gezeigt und es ist immer noch ganz einfach: Orangenschale mit einer feinen Microplane-Reibe abreiben und Kristallzucker mit dem Abrieb mit den Fingern richtig gut verkneten und verreiben. Das duftet erstens herrlich und setzt so die ätherischen Öle erst richtig frei, sodass die ganze Wohnung duftet. Die fertige Mischung am besten auf ein Stück Backpapier geben und ein paar Tage trocknen lassen. Bei mir ist das eine richtig Zuckerplatte geworden. Die kann man dann zerbrechen und in der Moulinette schreddern. Nicht gleich aufmachen, weil das staubt! In Schraubgläser abfüllen und man hat einen herrlichen Gewürzzucker, der das Aroma einige Monate hält.
4. Gewürzsalz
Das habe ich auch schon letztes Jahr gemacht und hat mich durch die ganze Grillsaison geführt: Orangen- und Zitronenschale abreiben. Mit Pfefferkörnern, Rosmarin und Meersalzflocken mischen - wieder wie oben alles gut miteinander verreiben. Das Salz ist da ein bissl störrischer als der Zucker und die Schale lässt sich nicht wirklich gut einreiben, aber ein bissl geht schon. Die Mischung trocknen lassen, bis sich der Rosmarin zerbrechen lässt, was ein paar Tage dauert. Dann wieder ab in den Zerkleinerer und fein mahlen. Auch hier mit dem Aufmachen warten, bis sich der feine Staub gesetzt hat. In ein Glas abfüllen.
Passt sehr gut zu allen möglichen Fleisch- und Fischgerichten.
Falls jemand noch Ideen hat, bitte immer her damit!
Wenn ich mir das alles so anschau, dann ist da gar nix mit Tier dabei. Und außerdem verdanke ich die Sache mit den geschenkten Orangen auch irgendwie der
Katharina Seiser, auch wenn sie gar nix davon weiß, also mehr als genug Gründe, um dieses Posting beim Tierfreitag vorbeizuschicken.