Mittwoch, 30. Oktober 2013

Ganz hoch oben


Der Turbohausmann und ich waren wieder einmal essen. Laut Falter gibt es in St. Favoriten, "unserem" Bezirk, genau vier Lokale, in denen man gut essen kann. Dazu muss noch gesagt werden, dass unser Bezirk einwohnermäßig so groß ist, dass er Österreichs drittgrößte Stadt wäre, wenn man den Bezirk von Wien abteilen würde. Also wir sind schon essenstechnisches Niemandsland. Aber nicht ganz! Für uns ist dieses Lokal eines von denen, in denen man wirklich gut essen gehen kann. Noch dazu Essen mit grandiosem Ausblick! So hoch oben waren wir: 22. Stockwerk




Zum Essen sei noch vorausgeschickt, dass wir vor einiger Zeit im Wienerberg Kino, das auch in diesem Hochaus untergebracht ist, waren. Bei dieser Gelegenheit sagen wir im Lift einen Aushang: Das Menü Durch den Wind war grad im Angebot. Schon Jahre waren wir nicht mehr dort essen. Nachträglich betrachtet ist dieses Menü auf alle Fälle jeden Cent wert und deutlich günstiger als sonst im Turm zu essen. Es ist ein Überraschungsmenü. Sollte sich also jemand überraschen lassen wollen: nicht weiterlesen!

Im 21. Stock kann man erst einmal die Aussicht mit einem Aperitiv genießen - um diese Jahreszeit ist man sehr allein da oben und der Aufenthalt auf der Terrase gestaltete sich für uns recht kurz. Aber schön über Wien schauen konnte man auf jeden Fall. Wir hatten das Glück, dass der Nebel an diesem Abend vollkommen verschwunden war und wir eine sternenklare Nacht hatten, was in Wien nun nicht gar so oft der Fall ist.



Der Tisch war sehr ungewöhnlich eingedeckt, uns hat es gefallen. Die Gläser liegen auf dem Tisch, das Besteck ist falsch herum und sehr liebevoll und exakt angeordnet. Vom Winde verweht quasi. ;)

Zuerst gab es leicht gesalzene Butter mit ein bissi Chili, dazu einige verschiedene Brotsorten. Butter und Brot waren gut.

Chili hat sich durch das Menü wie ein roter Faden durchgezogen, immer ganz zart vorhanden, nie aufdringlich, nicht brennend scharf, sondern immer so dezent, wie es das jeweilige Gericht gerade verlangt hat.

Und los geht's: Blutorangengelee mit Frischkäse und einem Orangenfilet

Ein netter Starter, der jetzt aber nicht so die große Kochkunst war, aber sicher nicht schlecht.













Nachdem das Menü "Durch den Wind" heißt, bekamen wir Rauch serviert - nicht zum Essen, sondern zum Anschauen. War wirklich eine hübsche Idee zum Start ins Menü. Ich war nur leider nicht schnell genug mit dem Knipsen, denn anfangs war wirklich der ganze Tisch im Nebel.

Da begann nun die wahre Freude: Räucherforelle mit Karottenpüree, Karottensand und Wildkräutern. Großes Kino! Ein ganz feines Püree, perfekt abgeschmeckt, der Karottenstaub dazu und vor allem die Wildkräuter - also es war nur ein einziges Kraut, das war aber toll mariniert mit einer Senfvinaigrette. Ich hab zwar gefragt, was für Blätter das waren, aber leider habe ich da eine ahnungslose, zum Abräumen abkommandierte Jungkellnerin erwischt, die sich nicht auskannte. In Verlegenheit wollte ich sie auch nicht bringen, indem ich sie losschicke zum Nachfragen.


Weiter ging's mit den netten Spielereien: Die Maiscremesuppe befand sich in dem Servierball, der kopfüber auf dem Teller stand. Der Ball wird hochgezogen und die Suppe rinnt in den Teller.

Geschmeckt hat die Suppe ausgezeichnet. Mir war gar nicht klar, dass Kukuruz so gut schmecken kann. Auf der Suppe drauf waren Kokosschaum und Chili-Papadams. Eine sehr gute Kombination!

Da ist es nun, mein erstes Onsen-Ei. Ich dachte immer, das hätte so ungefähr die Konsistenz von verlorenen Eiern, aber das Eiweiß war viel weicher. Nicht glibbrig, auch wenn das hier so aussieht! Zum Glück, denn rohe Austern und solche Sachen bringe in einfach der Konsistenz wegen nicht runter. Dazu gab es Rote Rüben-Püree und Gewürz-Couscous. Dieses Couscous war gut! Ich nehme mal an, dass zumindest Gelbwurz, Chili und Zimt drinnen gewesen sind, auf jeden Fall war es ausgewogen gewürzt und vom Chili war nur ein ganz sachtes Kitzeln am Gaumen zu spüren, sodass das zarte Ei nicht übertönt wurde.

Zwischengang: ein Schäumchen. Ein ganz wunderbar luftig aufgeschlagenes Schäumchen sogar. Ein dezenter Geschmack nach Grapefruit, abgrundet mit einem Hauch Mole, in dem ja auch Chili drinnen ist, was ich aber im Leben nie herausgeschmeckt hätte.

Das Highlight: NT gegartes Kalb mit einem Sößchen, das seinesgleichen sucht, dazu Epü (Erdäpfelpüree) und Kohlsprossen, parfumiert mit Chili-Öl. Das Fleisch so zart, dass man es mit der Gabel zerzupfen konnte.
Wie das Epü gemacht wurde, weiß ich nun, nachdem ich von der Firma Isi eingeladen war: aufgeschäumt im Thermo-Whipp. Eline hatte schon einmal über einen Thermo-Whipp geschrieben, da hatte ich noch gar keine Ahnung, was das sein soll. Ich muss das unbedingt einmal nachmachen, weil das das beste Epü ist, das ist kenne.  Ich hab aber keine Ahnung, wie ich ein Wasserbad stabil auf 70 Grad halten kann, was dazu nötig wäre.

Der krönende Abschluss: Mojito-Eis auf marinierten Ananans mit Ananas-Sand und feschen kleinen Baisers. Auch hier wieder eine ausgewogene Komposition der verschiedenen Texturen und Aromen, ausnahmsweise ohne Chili - oder ich hab den nicht herausgeschmeckt, was natürlich auch sein kann.
Habe ich nun hoffentlich allen den Mund wässrig gemacht? Hingehen, hingehen, hingehen, solange es dieses Angebot mit dem Menü noch gibt. Das sollte man sich nicht entgehen lassen.

Dann kommt als Draufgabe noch ein Foto von der Aussicht, die man gratis dazu bekommt, wenn man im Turm essen geht. Für uns als begeisterte Bewohner von St. Favoriten: Man sieht "unseren" Wasserturm, den ich für eines der schönsten Bauwerke von Wien halte. So schön kann Gebrauchsarchitektur sein.




Montag, 28. Oktober 2013

Schiaches Chutney


Wenn ich ein österreichisches Wort als Lieblingswort küren müsste, wäre das eindeutig "schiach".  Es ist ein sehr altes Wort, schon Mittelhochdeutsch gab es das, und passt daher zu mir. Neusprech ist nämlich so gar nicht meins. Die Bayern kennen das Wort auch, ich bin mir aber nicht sicher, ob es dort nicht schiech heißt. Wir in Wien verwenden es jedenfalls oft, auch als Hauptwort: Mir ist da Schiach angangen. (Das Grauen stieg in mir auf.)

Vor allem aber: Das Wort klingt schiach und hat genau dieselbe Bedeutung. So etwas find ich genial.

Somit passt es perfekt zu meinem Chutney: Ich hab da was Geniales zusammengebraut, aber das Aussehen ... Puh! Dabei sind die Ausgangsmaterialien wirklich schön. Als ich meine Paradeisstauden abgeerntet hatte, blieb noch einiges an grünen Paradeisern übrig - alles Prachtstücke.


Da die Datteln gerade am Reifwerden waren, als wir auf Urlaub in Tunesien waren, brachten wir viele mit nach Hause. Dabei musste ich leider feststellen, dass sich frische Datteln nur ganz kurz halten. Wir haben zwar viele Datteln gegessen, aber ein Teil wurde dennoch kaputt. Also wenn jemand das Glück haben sollte, an frische Datteln zu kommen: Bitte nicht in so einen Kaufrausch verfallen wie wir.

Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich in Tunesien Dattelplantagen gesehen. Die Datteln werden schon auf den Bäumen in große Säcke eingepackt, um sie vor Schmutz und Viechern zu schützen.




Die Tunesier sagen, ihre Deglet Nour sind der Rolls Royce unter den Datteln und nennen sie liebevoll "Finger des Lichts". Bisher dachte ich immer, man kann eigentlich nur Medjoul-Datteln essen, aber diese Finger des Lichts haben mich eines Besseren belehrt. Der Name stammt übrigens daher, dass die Datteln hell und lang sind. Sie sind wirklich so hell, dass man den Kern durchschimmern sehen kann, wenn man sie gegen das Licht hält. Und wenn man fotografieren könnte, könnte man das auch zeigen ...

Nun aber zum Chutney: Die Idee, Datteln mit grünen Paradeisern zu einem Chutney zu zimmern, stammt von irgendwo in Facebook - leider habe ich das Rezept nicht gespeichert und es war für mich somit unauffindbar. Daher stammt dieses Rezept von mir. Viele Chilis von meinem Balkon durften ins Chutney, so ist es schön feurig geworden.








1 kg grüne unreife Paradeiser (also keine grüne Sorte wie z. B. Green Zebra), grob zerschnitten, Strunk entfernt
3 rote Zwiebeln, grob gewürfelt
250 g Datteln, entkernt und in Stücke geschnitten
300 g Zucker
5 Stiele Thymian, Blättchen abgezupft und grob gehackt
5 scharfe Chilis, entkern und fein gehackt
1 daumengroßes Stück Ingwer, gerieben
5 EL Weinessig
2 EL Currysalz - das war im Gewürzregal und wollte verwendet werden, 1 EL Curry und 1 EL Salz sind aber auch gut.
1 EL Senf

Zucker schmelzen und die Zwiebelstückerln darin karamellisieren. Alle Zutaten außer dem Essig dazugeben und 1/2 Stunde verkochen lassen. Mit Essig und auch sonst abschmecken. Kochend heiß in sterilisierte Gläser mit Schraubverschluss füllen. Die Gläser auf den Kopf stellen und so stehen lassen.

Es waren ursprünglich 5 Gläser, aber eines haben wir sofort verdrückt, ein anderes ist bei einer Nachbarin gelandet, die so begeistert war, nachdem sie es gekostet hatte, dass sie mir das Glas abkaufen wollte - obwohl das Chutney dermaßen schiach ist.

Wir haben es zu Fleischlaberln gegessen, was sehr schön gepasst hat. Zu Gegrilltem kann ich es mir  gut vorstellen.


Ein Klecks davon am Teller wär leider auch nicht schöner.

Wer gern diese Datteln probieren möchte: Beim Adamah kann man sie bestellen, in Bioqualität sogar - click.
Nein, ich krieg nichts dafür bezahlt oder geschenkt oder sonst was, dass ich hier Werbung mache, sondern weil ich die Datteln wirklich wert finde, dass man sie verkostet.




Nachtrag vom 13. November 2013: Leider erst zu spät habe ich einen Artikel zum Thema, ob grüne Paradeiser giftig sind, gefunden. Vielleicht mag ja noch jemand nachlesen - nytimes

Freitag, 25. Oktober 2013

Lorbeer-Buttermilch-Tarte

Irgendwie magisch schaut die Tarte aus, finde ich.


Ausnahmsweise mal ein Ottolenghi-Rezept. Kommt ja sonst fast nie vor in dem Blog ... Übrigens könnte man auch das zweite Buttermilch-Rezept aus dem Link probieren, nur so als Vorschlag von mir. Es wäre nämlich auch empfehlenswert. Also nicht, dass ich das so genau wüsste ... *hüstel*


And Now for Something Completely Different ...



Ich hab das wahrscheinlich eh schon vorgezeigt, wie der geniale Pâtissier Jürgen die Sache mit dem Mürbteig angeht:
Einerseits verwendet er warme Butter. Der Vorteil: Man rührt noch kürzer, weil der Teig blitzschnell zu einem solchen wird.
Andererseits: Er walkt den Teig sofort nach der Zubereitung in einem Plastiksackerl auf die gewünschte Größe aus. Und genau so kommt der Teig dann zum Ruhen in den Kühlschrank.


Das hat wiederum den Vorteil, dass der Teig nicht so lange braucht, um gut durchzukühlen. Nachdem man den Teig dann aus dem Kühlschrank genommen hat, braucht er nur kurze Zeit, bis er auf Verarbeitungstemperatur ist. Man braucht nicht mehr herumwalken, sondern nur das Sackel aufschneiden, Teig in die Form drücken. Fertig.

Ein bissl an den Rändern herumwerkeln musste ich noch, das war's aber schon. Also eine geniale Sache!


Nun aber endlich zum eigentlichen Rezept:

285 ml Buttermilch
100 ml Schlagobers
15 Lorbeerblätter
50 g zerlassener Butter
4 Eier
180 g Zucker
2 EL Mehl
½ TL geriebene Zitronenschale

Für den Teig:
150g Mehl
¼ TL Salz
80 g kalte Butter (Turbohausfrau: auf der groben Seite der Küchenreibe gerieben und auf Zimmertemeperatur gebracht)
35 ml eiskaltes Wasser (Turbohausfrau: handwarmes Wasser)

Zubereitung wie oben beschrieben.

Während der Teig im Kühlschrank wartet, gibt man Buttermilch, Lorbeerblätter und Schlagobers in einen Topf und erhitzt alles vorsichtig und unter ständigem Rühren. Dabei darf die Buttermilch nie über 70 Grad bekommen, sonst flockt sie aus. Ich habe mein Bratenthermometer auf 69 Grad gestellt, habe ständig gerührt und den Topf bei 65 Grad vom Herd gezogen. Die Temperatur am Boden vom Topf ist dann eh noch ein wenig angestiegen durch die Restwärme im Topfboden. Wenn ich die Tarte noch einmal mache, werde ich dieses Prozedere über dem Wasserdampf machen, denn so darf man die Aufmerksamkeit keine Sekunde vom Topf wenden, damit da nichts gerinnt. Wahrscheinlich ist es sogar besser, diesen Arbeitsschritt schon am Vortag zu machen, damit die Lorbeerblätter über Nacht gut durchziehen können. Ich habe die Lorbeerblätter laut Anweisung eine Stunde ziehen gelassen.

Teig aus dem Kühlschrank nehmen, 15 min. liegen lassen, damit er geschmeidig wird.

Backrohr auf 170 Grad vorheizen.

Teig in eine Tarte-Form legen, mit der Gabel einige Male stupfen, andrücken, mit Backpapier auslegen, getrocknete Hülsenfrüchte einfüllen, 25 min. blind backen. Nach dieser Zeit das Backpapier mit Hülsenfrüchten vom Teigboden heben, noch einmal ab damit ins Rohr und weitere 10 min. backen. Herausnehmen und abkühlen lassen.

Ofentemperatur auf 180 Grad erhöhen.

Eier und Zucker mixen, bis sie eine helle und schaumige Masse bilden. Die parfumierte Buttermilchmischung durch ein Sieb dazugießen, ebenso Mehl und Zitronenschale, mit dem Schneebesen vorsichtig unterheben, um den Schaum nicht zu zerrühren. Diese Masse in die vorgebackene Teigform gießen und 30 - 35 min. backen. Ich habe mit dem Finger vorsichtig die Oberfläche befühlt, als sie sich nicht mehr flüssig anfühlte, kam die Tarte aus dem Ofen. Auf Zimmertemperatur abkühlen lassen.

Ottolenghi serviert die Tarte mit Creme fraiche und kurz gegarten Pflaumen oder Stachelbeeren, was sicher gut passt. Ich hatte weder das eine noch das andere im Haus, also musste es reichen, die Tarte einfach anzuzuckern und mit den letzten winzigen Lorbeerblättern aus eigener Zucht zu behübschen.



Was es nach dem Essen zu sagen gibt: Köstlich! Wirklich ohne Einschränkungen empfehlenswert.

Vom Lorbeer haben wir übrigens gar nichts geschmeckt. Das kann nun daran liegen, dass die Lorbeerblätter nur eine Stunde in der Buttermilchmischung gezogen haben.
Eine mögliche andere Erklärung: Die Lorbeerblätter waren frisch von der Pflanze. Afra Evenaar, die ich für recht kompetent halte, hat mir hier in einem Kommentar erklärt, warum ganz frische Blätter gar nicht so empfehlenswert sind und man sie zwei Tage abwelken lassen sollte.
Oder vielleicht parfumieren die Lorbeerblätter halt ganz einfach nur so dezent, dass man sie gar nicht schmecken soll.

Egal! Gut war's. Ja, war - ist leider schon alles weg. ;)



Mittwoch, 23. Oktober 2013

Steinpilzrisotto

Das Leben ist schön. So im Allgemeinen und im Moment besonders. Bis gestern war es ziemlich stressig in meinem Nebenberuf neben meinem Turbohausfrauendasein, nun hab ich gerade dolce vita. Deswegen hab ich heute auch lang geschlafen, bin erst aufgestanden, als mir der Hund die Nase ins Gesicht gesteckt hat, weil er fand, dass es nun aber Zeit wäre, sich ihm zu widmen.
Ich zieh also mich und den Hund an, treffe natürlich prompt unseren Hausdrachen im Stiegenhaus. Gleich in aller Früh nach dem Aufstehen! Das hab ich gebraucht. Sie keift wie immer los, dass das ein Wahnsinn ist mit den vielen Hunden im Haus, der Lärm, der Dreck, früher hätt's das net geben, keiner hat mehr Respekt, alles nicht zum Aushalten! Großes Gezeter. Und dazu das arbeitsscheue G'sindl (= ich), das den halben Tag verschlaft.
Ich strahle sie mit meinem süßesten Lächeln an und wünsche ihr einen guten Tag.
Das ist die Taktik, mit der ich sie wirklich in einen Drachen verwandeln kann, weil so etwas macht sie sprachlos. Sie schnaubt dann so richtig durch die Nase, als hätte sie Nüstern! Ich suche mit meinem Hund das Weite, bevor sie wirklich anfängt mit dem Feuerspucken.
Und ich denk mir, ja, wieso eigentlich nicht! Ich mach heute einfach blau. Nachdem ich die letzten Tage immer 12 Stunden und mehr gearbeitet habe, darf ich das. Meine Steuersachen erledigen, was ich eigentlich geplant hatte, kann ich auch ein anderes Mal.
Also wird der Hund ins Auto verfrachtet und ich fahre mit ihm in den Wald. Dank des warmen Wetters in den letzten Tagen sind Pilze gewachsen! So viele! Ich blindes Hendl finde Pilze, die ich auch noch als essbar erkennen kann. Einfach genial.


Wieder zu Hause angekommen mache ich mich ans Werk: Die Pilze putzen, die schönsten werden aufgehoben und zur Seite gelegt, die anderen in Scheiben geschnitten und ab auf das Dörrgerät. Während die Pilze trocknen, geh ich einkaufen und besorge mir am Markt Wurzelgemüse sowie Staudensellerie für eine klare Gemüsesuppe.

Die Wurzeln werden geschält und grob in Stücke geschnitten, kommen mit einer durchgeschnittenen Stange Staudensellerie in einen großen Topf, dazu Pfefferkörner, eine aufgeschnittene und an der Schnittstelle trocken angeröstete Zwiebel, ein Paradeiser, Salz und auch gleich drei Stück von den mittlerweile getrockneten Steinpilzscheiben. Alles wird gut mit Wasser bedeckt und eine halbe Stunde geköchelt, dann kommen noch Petersilie und Liebstöckel aus eigenem Anbau dazu, alles darf noch einmal eine Viertelstunde sacht simmern. Danach wird das Gemüse herausgefischt - der Hund stellt sich schon an und wartet drauf. Die Suppe wird gefiltert. Ein Teil darf in den Tiefkühler, ein Teil ist für das Risotto reserviert.



Während die Suppe köchelt, mache ich gleich auch ein paar Bouquets garni, nach der Idee von Eline, der Grande Dame der Foodblogger, nämlich die Kräuter in Teefiltersäckchen einknoten und ab damit in den Tiefkühler. Lange hätte ich eh nimmer warten dürfen, weil bald werden die Kräuter auf Balkonien nicht mehr zu brauchen sein.

Und dann ist auch schon Zeit, sich ans Risotto zu machen.






Ich finde, dass Steinpilzrisotto besser schmeckt, wenn man es mit getrockneten und frischen Pilzen macht. Die getrockneten Pilze werden bei mir mit dem Risotto mitgekocht, die frischen werden in Scheiben geschnitten und angebraten, die kommen dann oben aufs Risotto drauf.


Für 2 Personen:

200 g Risottoreis
1/8 l Weißwein
2 Schalotten
Gemüsefond, so irgendwo zwischen 3/4 und 1 Liter
Olivenöl
2 EL Butter für das Risotto + 1/2 EL für die Steinpilze
1 Hand voll geriebenen Parmesan
1 Hand voll getrocknete Steinpilze
200 g frische Steinpilze
1 TL Steinpilzthymian, Blättchen fein gehackt + einige Blättchen für die Garnitur

Die Schalotten fein hacken, in Olivenöl anschwitzen, bis sie glasig sind. Den Risottoreis dazugeben, kurz mit anschwitzen, bis alle Reiskörner vom Öl überzogen sind, mit dem Weißwein aufgießen. Den Wein ganz einkochen, mit einem Teil der heißen Gemüsesuppe aufgießen. Die getrockneten Pilze zerkleinern und dazugeben. Alles sanft köcheln lassen, immer mal wieder rühren. Wieder mit Suppe aufgießen, wenn die Flüssigkeit verkocht ist.
Wenn der Reis fertig gegart ist, also die Konsistenz vom Risotto passt und der Reis noch Biss hat, kommen die gehackten Thymianblättchen, die Butter und der Parmesan dazu. Alles einrühren, Deckel drauf, zur Seite stellen.
Während das Risotto rastet, die Pilze in Scheiben schneiden und in der restlichen Butter auf beiden Seiten anbraten.
Risotto auf Tellern anrichten, die gebratenen Steinpilze oben auf das Risotto legen, mit Blättchen vom Steinpilzthymian bestreuen.



Und nun sitz ich hier mit vom Risotto und einem Stück Buttermilch-Lorbeer-Kuchen (Rezept hier) vollem Bauch und trinke eine feine Tasse Tee.

Alles klar, warum das Leben im Moment grad gar so schön ist?

Montag, 21. Oktober 2013

Ziegenfrischkäse. Kirschparadeiser. Rohschinken. Bienenwabe. Altes Weckerl.

Ja keine Ahnung, wie man das besser nennen könnte. Ich dachte, ich mach's einfach so, wie es ganz tolle Köche machen. Dabei war es eigentlich eine Vorspeise nach dem Motto "Ich brauche Reste auf und klaue Ideen". Dass da draus etwas wird, was wirklich so gut schmeckt, dass es im Blog landet, dachte ich nicht. Aus diesem Grund gibt es auch nur ein einzelnes Foto und das ist schlecht. Ein richtiges Montags-Posting also.

Aber es bietet sich die Gelegenheit, meine Entdeckung des "Garten"-Jahres zu zeigen: So eine lustige Wuchsform habe ich bei Paradeisern bisher noch nicht gesehen. Man kann die einzelnen Segmente abzupfen und hat dann einzelne Kirschparadeiser. Die einzelnen Stückchen werden wirklich nur durch wenig Haut zusammengehalten, sodass man die Einzelteile wirklich abzupfen kann, ohne dass der Saft durch die Gegend rinnt. 



Eine Idee für einen Teil der Vorspeise fand ich - schon wieder - bei Valentinas Kochbuch, nämlich die mit dem Sternanis-Öl. Dass altes Brot, das man in diesem Öl röstet, so ein feines Aroma bekommt, damit hatte ich nicht gerechnet. Ich habe ganz einfach ein altes Weckerl in möglichst dünne Scheiben geschnitten, mit dem Öl bepinselt und in einer heißen Pfanne geröstet. Das war wirklich sehr gut und wird wiederholt.

Dazu habe ich 50 ml Olivenblumenöl Sonnenblumenöl mit den zerbrochenen Stücken von geschätzt zwei bis drei Sternanis erhitzt und ein paar Stunden ziehen lassen (Originalrezept bitte dem Link entnehmen). Ein paar Topfen von dem Öl habe ich auf ein paar halbierte Kirschparadeiser geträufelt, einen Tropfen weißen Balsamico dazu, oben drauf Maldonsalz. Und der Rest ist eh ersichtlich: 1 Blatt Rohschinken, 1 Esslöffel Ziegenfrischäse, auf den drauf ein Stück Bienenwabe samt Honig legen.

Es war eine ganz feine Vorspeise, die auf jeden Fall auch für ein Menü geeignet ist, wenn Gäste kommen. Und damit ich sie nicht vergesse, kommt sie hier in mein "Kochbuch".


Freitag, 18. Oktober 2013

Wenn man Nachbarn nicht leiden kann ...

... dann empfehle ich, Mrs. B's Nonbitter in den Garten zu pflanzen. Breitet sich garantiert überall aus und überwuchert, was es finden kann. Das ist es, dieses Unkraut:


Die Pflanze gehört zu den Nachtschattengewächsen, Solanum, ist somit irgendwie mit Erdäpfeln und Paradeisern  verwandt.
Ich habe, seit wir so ein schönes Balkonien haben, einen Hang zum Experimentieren bekommen und war viele, viele Jahre Mitglied der Arche Noah. Vor ca. 10 Jahren habe ich mir von einem der Saatguterhalter Samen dieser Beere gekauft. Damals erhielt ich die Info, dass man diese Beere in den USA als Huckleberry kennt und Mark Twains Held Huckleberry Finn danach benannt ist. Nun weiß ich, dass mein Unkraut zwar eng verwandt mit dieser Pflanze, aber nicht ganz identisch ist.


Das ist nun nicht ganz so wichtig. Erstaunlich ist der Überlebenswille dieser Pflanze: Im ersten Jahr fand ich die Beeren nicht so arg g'schmackig und wollte es bei einem einmaligen Versuch belassen. Ja denkste! Seit damals erscheinen jedes Jahr wieder irgendwo Triebe der Pflanze: zwischen den Betonplatten oder in irgendeinem Kistel. Immer wieder rupf ich die aus, aber die Pflanzen kommen wieder und wieder und wieder.
Dieses Jahr kamen wir aus einem 10-tägigen Urlaub im Montafon heim und schon waren meine Pelargonien überwachsen von einer Mrs. B's Nonbitter. So viel Überlebenswillen habe ich dieses Jahr belohnt und die Pflanze einfach stehen gelassen. Mal schauen, was ich im nächsten Sommer von dieser Idee halten werde.



Die Beeren haben in etwa die Größe und das Aussehen von Waldheidelbeeren. Sie schmecken aber nicht sehr intensiv und schon gar nicht nach Heidelbeere. Zum Einfach-so-in-den-Mund-Stecken sind sie, wenn sie ganz reif sind, zwar schon geeignet, aber ich finde sie langweilig. Dieses Jahr versuchte ich es mit einem Kuchen. Seit die liebe Britta ihre Friands gepostet hatte, habe ich den Kuchen schon drei Mal nachgebacken - klappt immer und ist nicht nur als Eiweißverwertung gut herzunehmen, sondern auch für Reste von allen möglichen Mehl- und Nussarten. Ich habe eine kleine Backform, die genau die Größe einer Lasagneplatte hat und ich habe mir bei deren Anschaffung wahrscheinlich genau so viel dabei gedacht wie bei der Anschaffung der Samen von Mrs. B's Nonbitter ... Nun habe ich endlich einen Verwendungszweck! 


3 Eiweiß 
1 Prise Salz
100 g Butter
120 g Staubzucker
33 g Mehl (Weizen oder Dinkel)
90 g Mandeln (oder Walnüsse oder Haselnüsse)
120 g Beeren
Butter + Mehl für die Form

Backrohr auf 180 Grad vorheizen. Backform mit Butter ausstreichen und mit Mehl stauben.

100 g Butter langsam schmelzen. Die Eiklar mit einer Prise Salz steif aufschlagen. Butter, Zucker, Mehl und Mandeln verrühren. Den Schnee vorsichtig unterheben. Den Teig in die Form füllen, Beeren auf dem Teig verteilen und 45 Minuten (nein, kein Tippfehler) backen - Stäbchenprobe macht sicher!

Ein wunderbarer kleiner Kuchen, der nicht viel Arbeit macht. Noch am nächsten Tag sehr saftig.



Wie sich die Nachtschattenbeeren im Kuchen machen? Noch immer nicht der Bringer im Geschmack, sondern ganz dezent, wobei ich sagen muss, ich hatte zu wenig von den Beeren, es waren nur 90 g, von allen anderen habe ich die oben genannte Menge genommen.

Aber ich komm noch drauf, was ich mit denen anstelle!

Falls ausnahmsweise bei mir mal keine Mrs. B's Nonbitter aufgehen sollte, wende ich mich vertrauensvoll an meine Nachbarn, weil die haben alle dieses Unkraut seit Jahren auf ihren Terrassen. Und nun wissen sie auch, wem sie das zu verdanken haben, falls sie hier mitlesen sollten. Wenn ich nichts mehr poste, wisst ihr was mit mir geschehen ist: zwangsverpflichtet zum Unkraut ausrupfen für alle Zeiten!


 Kleine Kuchen - Back-Event bei Low Budget Cooking

Ich weiß nicht, ob das Event noch existiert, aber ich würde mich freuen, wenn dem so ist, also schicke ich meinen Kuchen mal bei der Hedonistin vorbei.

Montag, 14. Oktober 2013

Melanzani im Kadayıf-Mantel



Was Rundes will er, der Herr Kaquu, macht dazu ein Blogevent. Ich komme angehetzt nach meinem Urlaub und staune, was ich da alles in meinem mittlerweile fast zugewucherten Balkonien so alles finde: Genau, da war doch was in meinen Pflanzenpaketen von der Arche Noah, wo ich dieses Jahr ganz faul bestellt hatte, nämlich Melanzani. Gilt ja wahrscheinlich nicht, wenn ich die kugelrunden Zwerge jetzt ins Kochevent werfe, oder?

Na gut, dann muss der Otto herhalten - obwohl ich dessen Rezepte ja sonst gar nicht leiden kann, nicht wahr? *hüstel*

Jedenfalls habe ich zu dieser Gelegenheit erstmals Kadayıf, auch Engelshaar genannt, verwendet. Das ist Jufka-Teig, der in hauchdünne Fäden geschnitten ist. Nicht von mir, das Engelshaar gibt es fertig zu kaufen. Durch Suppennudeln kann man den Teig nicht ersetzen, zumindest nicht bei diesem Rezept, denn die Nudeln wären zu kurz und zu spröde. Hier braucht man lange Fäden, um richtig schöne Bällchen wickeln zu können.


2 große Auberginen
120g Ricotta
40g reifer Pecorino, grob gerieben
15g gehackte Petersilie
1 Ei, leicht geschlagen
Salz
Pfeffer
200g Kadayıf
80g Butter, geschmolzen
60 ml Sonnenblumenöl


Für die Salsa:
1 rote Paprika
1 rote Chilischote
3 Knoblauchzehen
6 Paradeiser, blanchiert und geschält
1 TL Sherry-Essig
Salz
Pfeffer
50 ml Olivenöl
1/2 kleine rote Zwiebel, geschält und sehr fein gewürfelt


Grill vorheizen. Melanzani an einigen Stellen mit einem scharfen Messer anstechen, unter den Grill legen und rundherum grillen, bis die Melanzani schwarz sind und zusammengefallen. Aus dem Ofen nehmen.
Danach gleich Chili, Knoblauch und Paprika unter den Grill legen und ebenfalls grillen, bis alles rundherum schwarz ist. Chili und Knoblauch sind früher gar, der Paprika braucht länger. Alle drei in eine gut schließende Dose geben und dort auskühlen lassen.

Melanzani abkühlen lassen, schälen und das Fruchtfleisch eine halbe Stunde in einem Sieb abtropfen lassen.

Für die Salsa vier der sechs Paradeiser in kleine Würferln schneiden und wegstellen. Chili, Paprika und Knoblauch schälen. Diese drei Zutaten mit den beiden übrigen Paradeisern, Salz, Pfeffer und Essig in einen Zerkleinerer geben und alles gut durchmixen. Das Rezept sieht vor, dass man in den laufenden Zerkleinerer das Öl zugießt und so alles zu einer dicken Sauce montiert. Das geht bei meinem Zerkleinerer aber nicht, daher habe ich alles mit dem Pürierstab in einem hohen Gefäß gemacht - ging sehr gut. Anschließend in eine Schüssel geben, mit den Paradeiswürferln und dem Zwiebel mischen.

Backrohr auf 200 Grad vorheizen.
Eine feuerfeste Form mit Backpapier auslegen bzw.  die Form mit Butter ausstreichen.

Abgetropfte Melanzani in Schüssel Nr. 2 geben, mit Ricotta, Pecorino, Petersilie, Ei, 1/2 TL Salz und einer kräftigen Prise Pfeffer mischen.

Schüssel Nr. 3: Geschmolzene Butter mit Öl mischen. Jeweils Büschel von ca. 25 g vom Kadayıf abzupfen. Einen Esslöffel von der Öl-Butter-Mischung vorsichtig in die Teigfäden einarbeiten. Den gefetteten Teig auf der Arbeitsplatte ausbreiten (5 x 5 cm im Rechteck - der Otto kennt wohl meinen Mann, der braucht immer so genaue Anweisungen zum Kochen). Einen gehäuften Esslöffel von der Melanzani-Mischung auf den Teig legen, alles lose zu einem Ball rollen. Auf diese Weise 8 Bälle formen und alle in die vorbereitete Form schichten. Dabei die Kugeln nicht aneinander quetschen, sondern so einlegen, dass sie einander nur berühren. Die restliche Butter-Öl-Mischkulanz drüberträufeln. 30 Minuten backen, bis die Bällchen goldbraun und knusprig sind.

Mit der Salsa servieren.

Guter Tipp aus dem Originalrezept: In den restlichen Teig kann man Garnelen einwickeln und diese frittieren. Dazu passt auch wieder diese Salsa.


Was es nach dem Essen zu sagen gibt? Himmlisch! Sowohl die Bällchen als auch die Salsa. 190 g Fett wird da verwendet, also üppig ohne Ende. High carb + high fat vom Feinsten. Wer nach dem Essen nicht einen Kilo mehr wiegt, hat irgendwas falsch gemacht.

Aber heißt es nicht: "Ist die Figur erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert"? Oder so irgendwie ... ;)

Samstag, 12. Oktober 2013

Die dümmsten Bauern ...

... haben immer die größten Erdäpfeln, sagt man bei uns.

Nun bin ich die, die beim Erdäpfel-Selberzieh-Blog-Event als Letzte ihre Erdäpfel ausgegraben hat, also bin ich schon mal die langsamste "Bäurin". Ob ich auch die dümmste bin, wird sich zeigen! Ich warte gespannt auf die Zusammenfassung der Giftigen Blonden!

Wieder einmal hat mein Hund herhalten müssen zwecks Größenvergleich: Hinter ihm stehen die Erdäpfeln. Das Foto ist vom Tag der Ernte. Man sieht also, dass ich mit gutem Grund erst so spät gebuddelt habe: Ein kleines bissi verfärbt hatte sich das Laub schon, aber keine Rede davon, dass die Erdäpfel schon erntereif gewesen wären, denn eigentlich erntet man, wenn das Laub eingezogen ist. Keine Ahnung, wann meine Erdäpfel das gemacht hätten, aber es hatte um Wien herum schon erste Nachtfröste, daher wollte ich nicht mehr warten. Und für die Blumenzwiebeln, die nun in den Topf kommen, ist es eh schon spät.


Nach dem Abschneiden vom Grün begann ich mit den Grabungsarbeiten: In der oberen Hälfte fand ich leider nur jede Menge Wurzeln mit daumennagelgroßen Erdäpfeln. Die wären sicher noch größer geworden, wenn sie mehr Zeit gehabt hätten. Schade!



In der unteren Hälfte des Topfes sah es schon anders aus: dicht an dicht die wunderschönsten Erdäpfeln! Allerdings wurde es, je tiefer ich gebuddelt habe, desto feuchter. Ganz unten war es dann wirklich nass - ich hatte vergessen, den Tropfer der Gießanlage vor dem Urlaub zu verschließen, also hat der bei dem schlechten Wetter jeden Tag brav vor sich hingetropft wie zu der Zeit, als wir fast 40 Grad hatten.  Das hat mir leider ein paar matschige, kaputte Erdäpfel beschert.



Und nun die ganze Wahrheit: Wie viele waren es denn? 1,5 Kilo.

Fazit: Hätte ich den Topf gekauft, die Erde gekauft und das ganze Gießwasser gerechnet, von der Arbeitszeit gar nicht zu reden, wären diese Erdäpfel unbezahlbar. Doch wie immer hat es total viel Spaß gemacht, dieses Jahr sogar noch mehr, weil es eine gemeinsame Aktion war.
Nächstes Jahr also wieder, aber mit einer anderen Erdäpfelsorte.


 Und nun geht's weiter mit der Gartenarbeit auf Balkonien: Herbstbepflanzung will eingesetzt werden.

Donnerstag, 10. Oktober 2013

Der Welt bester Tee



Das war er nun, der Urlaub für dieses Jahr. Schön war's. Der Turbohausmann und ich haben Sachen gemacht, die man als Urlauber in Tunesien halt so macht: in der Sonne gelegen und viel gelesen, geschwommen, bis die Finger ganz verschrumpelt waren, durch Souks gegangen und an Gewürzen gerochen, Couscous und Brick gegessen, gewürzt mit jeder Menge Harissa, in der Steinwüste auf den Spuren von Luke Skywalker gewandelt, in der Salzwüste den Sonnenaufgang bewundert, in der Sandwüste hilflos auf einem Kamel gehängt auf einem Dromedar in den Sonnenuntergang geritten - und ich war in einem Hammam. Obwohl die Sache mit den verschiedenen Wüstenformen eindrucksvoller klingt, war der Besuch im Hammam atemberaubender.



Ohne Ahnung zu haben, was auf mich zukommt, bin ich in Schlapfen, Bademantel und mit Handtuch bewaffnet ins Hammam. Ich wurde von einer Dame empfangen, die mir als erste Tat Handtuch und Bademantel abnahm. Sie führte mich in einen Raum voll mit warmem Dampf, der rundherum mit gefliesten Sitzbänken ausgestattet war, auf denen viele nackige Frauen saßen - zu meiner Freude quer durch alle möglichen Altersgruppen und aus etlichen verschiedenen Ländern. Gekichert wurde vor allem in einer Ecke, wo sonst auf arabisch getuschelt wurde. In der Mitte des Raumes stand wie ein Altar eine Liege, von der gerade, als ich kam, eine traumhaft braun gebrannte Frau stieg, die ihre endlos langen Beine inspizierte.
Gnädig legte sich warmer Dampf um meine bleichen kurzen Stampferchen, sodass ich nicht einmal bis zu meinen Zehen sehen konnte ...

Nach geschätzten fünfzehn Minuten kam die Dame, die mich hereingeführt hatte, wieder zu mir, bedeutete mir aufzustehen, ich hoffte auf Entlassung aus dem Dampf, aber sie seifte mich mit einem Stück Aleppo-Seife gründlichst von oben bis unten ein. Dann führte sie mich, eingeseift wie ich war, in den nächsten Raum, wo es heftiger dampfte und deutlich wärmer war. Wieder wurde mir gezeigt, ich solle mich hinsetzen. Es war wirklich sehr warm in dieser zweiten Dampfkammer! Nach einer gefühlten Ewigkeit wurde ich wieder in den ersten Raum zurückgeführt. Das, woraus ich zuvor gehofft hatte entlassen zu werden, entpuppte sich nun als eine Wohltat und fühlte sich fast kühl an. Ich schäumte also weiter auf einer Sitzbank vor mich hin und hörte immer wieder Ächzen von der Frau, die derzeit auf der Liege in der Mitte des Raums lag. Neben der Liege stand eine kleine zarte Frau, die irgendetwas mit ihr machte.

Nachdem ich die Nächste war, erlebte ich schnell, warum meine Vorgängerin so geächzt hatte. Mit brennheißem Wasser wurde die Liege zwecks Desinfektion übergossen - noch mehr Dampf! *keuch* Dann durfte ich den Altar den Opfertisch erklimmen. Die kleine zarte Frau entpuppte sich als wahrer Drachen Meisterin ihres Faches: Peeling. Sie zog einen frischen Schrubbel-Handschuh an, ich musste mich auf den Rücken legen und sie begann mich erst im Gesicht abzurubbeln und arbeitete sich sehr ungnädig nach unten durch, ohne allzuviel von mir auszulassen. Sogar in den Achselhöhlen und zwischen den Fingern wurde geschrubbt. Ich ächzte, die arabischen Frauen kicherten. Irgendwann musste ich mich umdrehen und nun wurde meine Hinterseite vom Hals abwärts bearbeitet. Je näher der Drachen die Meisterin des Peeling-Handschuhs meinem Hinterteil kam, desto größer wurde meine Sorge, was genau sie denn nun alles peelen würde! Sie war aber zumindest so gnädig, dass sie nur meine Pobacken kräftigst bearbeitete und dann weiter nach unten schrubbte, wo sie sogar meine Fußsohlen peelte.
Am Ende der Prozedur war mir dann auch klar, warum die braun gebrannte Frau so interessiert an ihren Beinen hinuntergesehen hatte: Sie wollte wohl einfach sehen, ob sich noch irgendwo Haut findet oder ob alles weggeschrubbt ist. Aber ich muss sagen, nach meinem prüfenden Blick konnte ich feststellen, dass die Haut zwar sehr irritiert aussah, aber wider Erwarten nirgends aufgeschunden war.

Ich wurde unter die Dusche geführt und Seifenreste sowie Hautschuppen wurden mir gründlich abgewaschen. Irgendwann gab die Dusch-Beauftragte ein kurzes und deutliches "Ey" von sich und schon traf mich ein kräftiger Wasserstrahl mitten ins Gesicht - aus der arabischen Ecke wurde wieder gekichert, als ich prustete wie ein Wal. Aber wenigstens hast du es überstanden, dachte ich, und war sicher, ich kann nun aus der Dampfkammer raus. Denkste!
Ich wurde nur weitergereicht in die Gatsch-Ecke: Vom Scheitel bis zur Sohle wurde ich mit Algenmatsch eingekleistert. Was war ich froh, dass man durch den Dampf das alles nicht so genau sah, wie man mit so einer graugrünen Ganzkörpermaske ausschaut. Bei anderen konnte ich es erahnen, von mir selber war es mir zu diesem Zeitpunkt aber schon recht egal, eigentlich wollte ich nur mehr aus dem Dampf raus. Es kam aber anders, denn nun wurde ich auch noch in eine Plastikfolie eingewickelt - anscheinend, damit die Algen besser einwirken. Hilfe!

Irgendwann war die Zeit vorbei, ich wurde ausgewickelt und kam wieder unter die Dusche. Dieses Mal war ich verdammt schnell, nach dem "Ey" der Dusch-Fee Mund und Augen zuzukneifen! Nachdem alle Algen abgewaschen waren, wurde ich abgetrocknet - nein, auch das durfte ich nicht selber machen. Zumindest danach in meinen Morgenmantel schlüpfen konnte ich allein. Und Hurra, raus aus dem Dampf! Die Herumführ-Dame brachte mich in einen anderen Raum und deutete mir, ich solle mich ausziehen und auf die Massageliege legen.

So ganz sicher war ich nicht, ob ich nicht doch besser die Flucht ergreifen sollte. Vor allem, als ich die Masseurin sah: Arnoldia! Was würde die erst machen, wenn die kleine zarte Frau schon so zupacken konnte? Aber wieder kam es anders als gedacht: Die Masseurin nahm wunderbar nach Orangenblüten duftendes Massageöl. Mit zarten Bewegungen massierte Arnoldia meinen Rücken. So arbeitete sie sich weiter bis zu den Knöcheln. Dann musste ich mich auf den Rücken drehen, sie massierte von unten nach oben, landete beim Gesicht, das sie mit gekonnten Bewegungen bearbeitete, danach bekam ich eine Kopfmassage, von der ich heute noch träume. Ganz am Ende wurden meine Füße massiert - keine Fußreflexzonenmassage, sondern eine ganz andere Art, nicht minder schön!
Meine vorher arg strapazierte Haut saugte das Öl auf wie ein Schwamm.

Nach dieser Wohltat wurde ich in Leintücher eingepackt und in einen Ruheraum geführt, wo ich mich erschöpft auf eine Liege legte und mich an meiner wunderbar zarten Haut erfreute. Und nun erwartete er mich: Tee nach Art der tunesischen Berber. Der beste Tee, den ich jemals getrunken habe!


So, nun habe ich alle zugelabert, wäre also Zeit für das beste Teerezept der Welt, oder? Nun ja, das ist ganz einfach: 2 Teile Grüntee, 1 Teil getrockneter Rosmarin, mit heißem (80 Grad) Wasser aufgießen, 3 Minuten ziehen lassen. Stark süßen. In jedes Teeglas eine Hand voll ungeschälter Mandeln geben, noch einmal ein paar Minuten ziehen lassen. Die Mandeln bleiben im Glas, auch wenn man den Tee trinkt.


Der Jammer: Ich habe den Tee nun einige Male nachgekocht, aber er hat nie mehr wieder so geschmeckt wie nach dem Hammam-Besuch. Wie in dem Buch Genuss (Buchbesprechung hier) geschrieben: Genuss ist auch orts- und situationsabhängig. Aus diesem Grund gehört zum Rezept, dass man vor dem Teetrinken unbedingt in ein Hammam gehen muss.

Meine Haut fühlt sich übrigens fast eine Woche nach dieser Behandlung immer noch ganz zart an.

Samstag, 5. Oktober 2013

Hochnäsiges Kamel

Eigentlich weile ich ja in Tunesien und urlaube. Genau so eigentlich bin ich üüüüüberhaupt nicht internetsüchtig. Dass ich bei Facebook reingeschaut und meine Mails gecheckt habe, hatte ganz andere Gründe - alles rein beruflich quasi. Und dann war da eine Mail am Handy sichtbar, die ich eigentlich schon löschen wollte, aber irgendwas hat mich dennoch bewogen, mir die Mail anzuschauen. Siehe da, mich hat kochbar.de zum Blog der Woche ernannt! Die Woche ist nun zwar schon fast vorüber, aber weder in der Salz- noch in der Stein- noch in der Sandwüste gab es Internet, im Hotel nur dann, wenn nicht mehr als drei Leute gleichzeitig auf das Netz zugreifen wollen, daher komme ich erst jetzt dazu, mir hier die Haxen auszufreuen und durch meinen Blog zu stolzieren wie ein Gockel.

Falls jemand schauen mag, hier ist der Link direkt zu dem Artikel über meinen Blog: click




Und ich schau jetzt genau so hochnäsig drein wie die Kamele Dromedare hier in Tunesien. ;)