Da wär ich dann wieder. Toll war es in London. Nachdem das hier ein Foodblog ist, werde ich mich auf essenstechnische Berichte beschränken, auch wenn es sehr viel mehr zu berichten gäbe.
Was mir sehr leid tut: Vom schönsten Essen haben wir keine Fotos. Aber wie man auf der Homepage vom Mint Leaf sehen kann, ist es dort relativ dunkel, was mein Knipserl heillos überfordert hatte. Sollte jemand einen Tipp brauchen, wo man in London wirklich gutes indisches Essen auf gehobenem Niveau findet, dann möchte ich demjenigen dieses Lokal sehr ans Herz legen. Dort unbedingt Mango Lassi trinken!
Hier der Reinfall schlechthin: In Erinnerung an Schüleraustauschtage wollte ich gern Fish and Chips essen. Das sollte man definitiv nicht einfach irgendwo machen, wie wir das getan haben, sondern nur, wenn man einen Tipp hat, wo das gut schmeckt. Dass es ausnahmsweise nicht nach ranzigem Fett stinkt, ist vielleicht nur ein Hinweis, dass das Lokal eine gut funktionierende Lüftung hat. ;)
Ganz klassisch das Bier ohne Schaum und die diversen Saucen auf dem Tisch.
Und nun weiß ich wieder, wo ich meine Erbsenmash-Abneigung her habe! Mich wundert es nur, dass ich nicht auch gleich eine Remouladen-Allergie entwickelt hatte.
Egal! Die Sache ist gegessen und erledigt, der Rest vom Urlaub gestaltete sich erfreulich genussvoll.
Was wir schon von Wien aus reserviert hatten, war ein Tisch bei Jamie Oliver.
Es gibt ein neues Lokal von ihm, das verkehrstechnisch recht gut für uns gelegen war, daher haben wir dieses ausgesucht. Jamies Italian in Islington ist riesig und hat den Charme einer Bahnhofshalle. Abgetrennt sind einzelne Bereiche nur durch Säulen und Regale voll mit Jamie Oliver-Devotionalien.
Industriearchitektur liebe ich normalerweise, aber in diesem Fall ist sie nicht von Vorteil: Durch den großen Raum und die nicht vorhandene Dämmung von Rohren und Leitungen war es so unglaublich laut, dass wir uns zwecks Verständigung anschreien mussten, obwohl der Tisch wirklich klein war.
Die Einrichtung schlicht bis spartanisch: Metallstühle, Holztische, Serviette, Messer, Gabel, Wasserglas. Wahrscheinlich bin ich zu
altmodisch, um so etwas schätzen zu können. Ich mag lieber einen schick
gedecken Tisch mit allem Drum und Dran und vor allem bequeme Sessel.
Zum Glück waren wir nicht in der Abteilung mit den rosaroten
Sesseln.
Vorspeise: Nudeln mit Wildhasenragout. Ja, war ganz okay. Die Pasta selber war ausgezeichnet und ganz sicher hausgemacht,
nur sind die Nudeln in einer Soße vor sich hingeschwommen, was bei mir
immer bedeutet, dass ich herumpatze. Aber vielleicht habe ja nur ich so
ein Problem und alle anderen können schwimmende Nudeln auf die Gabel drehen, ohne
dass die Soße herumflitzt.
Als Hauptgericht haben wir beide Dorade in der Papierhülle mit süß-saurem Gemüse bestellt. Der Anblick war ein bissl sehr gewöhnungsbedürftig, der Geschmack aber ausgezeichnet.
Was unglaublich gut war, war die Focaccia, die wir zu dem Fisch serviert bekamen.
Die Überraschung schlechthin: die Desserts. Präsentiert wurden sie passend zum Styling des ganzen Restaurants, nämlich auf Blechtellern, die ausschauten wie ausgeschlagenes Email. Geschmeckt haben beide Kuchen zum Umfallen gut. Ich hatte Topfenkuchen, der mit einer ganz zarten, hauchfeinen Karamellschicht überzogen war. Dazu gab es karamellisierte Bitterorangen in Bitterorangensirup. Diese Kombination war einfach toll! Der Turbohausmann hatte einen Lemon Curd-Kuchen, der ebenfalls ausgezeichnet war.
Unser Fazit: Jamie Oliver bleibt sich selber auf jeden Fall treu. Wir haben z. B. für die verheerenden Fish & Chips 11,- Pfund bezahlt, der Fisch bei Jamie Oliver hat 13,- Pfund gekostet. Wenn man die Qualität anschaut, dann liegen da Welten dazwischen. Das ist es wohl auch, was Jamie Olivers Anliegen ist: zu zeigen, dass man mit relativ wenig Aufwand und guten Zutaten gesundes Essen servieren kann. Für mich wirkt es immer so, als ob er nicht den Anspruch hat, auf unglaublich hohem Niveau zu kochen, sondern gesundes, alltagstaugliches Essen zu präsentieren. Das gelingt ihm gut.
Dass die Rechnung auch für ihn aufgeht, hat sich ebenfalls gezeigt: Als wir ins Restaurant kamen, waren kaum Leute da. Innerhalb einer halben Stunde hatte sich das Lokal gefüllt und war bis auf den letzten Platz ausgebucht. Alle Tische, die frei wurden, waren binnen kürzester Zeit neu besetzt.
Ich bin auf jeden Fall froh, das einmal in Natura gesehen zu haben, was Jamie Oliver da aufgezogen hat. Für mich war er nie der Traumkoch, für den viele ihn halten, aber er zeigt, dass es auch anders geht als das, was sich offenbar in viele britische Küchen eingeschlichen hat, nämlich Burger mit Fritten oder Vergleichbares, am besten fertig gekauft und in der Mikrowelle aufgewärmt.
Was man gesehen haben sollte: Die Food-Abteilung bei Harrods. Da gibt es so schicke Kleinigkeiten wie Tee um 300,- Pfund für 100 g.
Beeindruckend: Die Erdäpfelvielfalt! Noch viel beeindruckender: Die Preisschilder drunter. Die habe ich dann doch nicht fotografiert. ;)
Eine schöne Adresse, an der man nicht vorbeigehen sollte, ist Strand 216 - also falls man gerne Tee trinkt! Dort ist das wirklich sehr kleine Stammgeschäft der Firma Twinings, das mit einer sehr großen Auswahl an Tees beeindruckt.
Für müde Beine: Man kann sich selbst eine Tasse Tee nach Wahl machen und ganz gemütlich und in aller Ruhe dort trinken. Und das sind wirklich große britische Teehäferln und nicht kleine Kaffeetassen!
Man sollte allerdings vor dem britischen 5-Uhr-Tee kommen, denn dann sind alle Plätze belegt und alle Häferln in Gebrauch. Danach schaut es aus wie nach einer Schlacht.
Nun aber zum erfreulichen kulinarischen Endpunkt der Reise: Den letzten Abend haben wir bei Ottolenghi in Islington verbracht. Zu meinem Erstaunen ist das Restaurant winzig! Ein einziger Raum, relativ schmal mit zwei großen, langen Tischen in der Mitte, an der Seite vier kleine Zwei-Personen-Tische, von denen wir einen reservieren konnten.
Das Lokal schaut sehr stylish aus! Ganz weiß, auch Tische und Sessel
weiß, nur die Kellner (alle sehr fesch!) ganz schwarz gekleidet. Und wirklich tolle Kellner, die die Augen immer am Gast haben, aber nie aufdringlich sind.
Es passt
einfach alles in dem Lokal, sogar der schöne Wildblumenstrauß im Waschraum war
optimal ausgewählt.
Zu meiner Freude: keine Blechteller, die ausgeschlagen ausschauen!
Jetzt verstehe ich auch, wie die Portionsgrößen im Ottolenghi-Kochbuch
gemeint sind: Man isst bei Ottolenghi alles von kleinen Mezze-Tellern. Der Kellner erklärte uns, dass man in etwa drei verschiedene Gerichte auswählen sollte,
manche Leute würden auch acht Portionen packen. Wir waren mit jeweils zwei
kalten und einem warmen Teller, hinterher noch einem Dessert bestens bedient: schön satt aber nicht zum Bersten vollgefuttert.
Wir hatten an kalten Gerichten Yellow Tuna in einer ganz zarten
Knusperkruste, Birne mit Macadamianüssen und Gorgonzola, geröstete
Karotten mit Erbsen und Erbsensprossen, Rindslungenbraten mit einer süßen Koriander-Senfcreme.
Das warme Essen habe ich vor lauter Begeisterung
dann zu fotografieren vergessen, aber es war in jedem Fall nicht weniger elegant
als die kalten Mezze. Der Turbohausmann erfreute sich an geschmortem Tintenfisch und Brasse mit roter Pfeffersauce, schwarzen Oliven, eingelegten Zitronen, Senfkörnern und Kräuter-Salsa, ich an gebratener Lammkeule mit Brennnessel-Rollgersten-Risotto und rohem Artischocken-, Chili- und Petersilien-Salat. Das war meine Versöhnung mit Artischocken!
Die Desserts waren sehr gut, aber jetzt nicht soooo extrem eindrucksvoll oder herausragend. Ich hatte ein Muffin-ähnliches Pistazien-Küchlein mit einem Topping aus Mascarpone, Himbeeren und einem Stück Feige, der Turbohausmann einen typisch anglo-amerikanischen Schokokuchen - very rich and creamy.
Ja, er kann kochen, der Herr Ottolenghi! Und wie! Die einzelnen Mezze kamen mit weitaus größerer Eleganz daher als mir das im Kochbuch jemals erschienen ist. Ich muss mir die Rezepte noch einmal anschauen, aber ich habe das Gefühl, dass sich Yotam Ottolenghi stark weiterentwickelt hat seit dem "Plenty".
Der Yellow Tuna z. B. war so genial auf den Punkt gebraten, wie ich es noch selten gesehen habe. Und so eine hauchdünne Kruste muss man erstens zusammenbringen, zweitens muss die so perfekt halten, wie sie das tat, von der feinen Geschmackskombination Nori und Panko gar nicht zu reden. Der dazu passende Wasabi-Dip brachte eine ganz leichte Schärfe mit, die dem Fisch noch den letzten Schliff gab.
Auch die Kombination kalte gegrillte Birne mit Macadamia und Gorgonzola war unglaublich. Birne und Gorgonzola klingt jetzt nicht nach irgendetwas Weltbewegendem, schon gar nicht nach irgendetwas Neuem. Es war jedoch eine ganze feine Orangenblüten-Marinade dabei, die diesen Teller zu etwas Besonderem machte. Außerdem waren die Texturen wunderbar auf einander abgestimmt. Es war auch kein Bröckerl Käse zu groß und kein Stückerl Macadamia zu klein.
Das hausgebackene Brot war eine wahre Freude! Drei verschiedene Brotsorten haben das Essen auf erfreuliche Weise begleitet.
Hach! Seufz!
Jetzt hör ich einfach auf, obwohl ich noch lang weiterschwärmen könnte. Ich werde auf jeden Fall an mir und meiner Kocherei weiter arbeiten. Wenn ich 120 Jahre alt werde, kann ich's vielleicht dann auch so gut, wenn ich mich sehr anstrenge. ;)
Zum Abschluss doch noch etwas anderes als Essen: Den Bahnsteig 9 3/4 in Kingscross gibt's wirklich!
Schööööön! Möcht gleich wieder hin!
AntwortenLöschenDer Ottolenghi hat uns auch sehr geschmeckt, der Jamie ist beim nächsten Mal dran. Ich halte Jamie zwar auch nicht für einen Superkoch, aber seine Kochbücher haben mir vor Jahren geholfen, als ich begann, mich richtig für Kochen zu interessieren, und ich mag sie immer noch!
Beim Fish & Chips ist uns vor Jahren das Gleiche wie euch passiert: das Zeugs ist mir dann den ganzen Tag schwer im Magen gelegen.
Und: ich hab ein Foto, wo der Mitkoch beim Bahnsteig 9 3/4 steht. Ich hab ihn fotografiert, kurz bevor er dann durch die Wand verschwand ;-))
Danke! :)
LöschenLondon ist schon eine tolle Stadt. Uns hat es enorm gut gefallen. Aber so schnell nicht wieder, denn die Preise sind nicht nur bei Harrods so, dass es einem die Schuhe auszieht. Allein, was wir in den paar Tagen für die öffentlichen Verkehrsmittel hingelegt haben, dafür könnte man in Wien ein Monat lang fahren.
Auch Harry Potter-Leser? ;)
Ich bin ganz schön lang gestanden, bis ich die Wand endlich einmal ohne Personen fotografieren konnte.
Danke für einige Erinnerungen. Und eine Platzreservation möcht ich auch buchen, wenn Du 120 bist !
AntwortenLöschenOkay, ich notiere das gleich mal auf meinem Kalender am PC mit der Reservierung. Noch sind alle Termine frei! :)
LöschenWunderschön! Danke für den Reisebericht und die Fotos. Ich krieg Lust, auch mal nach London zu fahren!
AntwortenLöschenLG :)
London ist wirklich eine schöne Stadt. Wir haben auch lange nicht alles gesehen, was wir anschauen wollten. Irgendwann müssen wir also auf jeden Fall noch einmal.
LöschenDanke fürs Mitnehmen, da kriege ich richtig Lust wieder mal nach London zu fliegen.
AntwortenLöschenDas freut mich, wenn dir der Bericht Lust auf die Stadt gemacht hat. Dieses Mal hatten wir auch noch zusätzlich Glück, weil ab morgen die Feierlichkeiten zum 60-jährigen Krönungsjubiläum der Queen stattfinden, außerdem ist noch Olympiade, also war die Stadt ganz besonders fesch herausgeputzt.
LöschenLondon verkneife ich mir in den nächsten Monaten, aber im Herbst dann ...
AntwortenLöschenDeshalb freue ich mich über deinen Bericht. Die Blechteller - OMG, Jamie!
Ja, die Blechteller ... Aber das scheint in London derzeit sehr en vogue zu sein, dass man so etwas auf den Tisch stellt. In ganz hübschen Geschirrgeschäften bekommt man Schöpfer, Häferl, Teller oder was auch immer mit diesem Design zu kaufen. Ich bin aber zu alt für solche Sachen. Mich erinnert das noch an meine frühe Jugend, als bei uns daheim tatsächlich noch in ausgeschlagenen Töpfen gekocht wurde.
LöschenOh wie toll. Dein Bericht gefällt total und ich drucks mir mal aus. Ich habe solche Sehnsucht nach London und muss in der nächsten Zeit wieder hin. 1000 Dank!!!
AntwortenLöschenIm Juli ist Olympiade, da sind die Zimmer sicher schon alle ausgebucht und die Preise in den höchsten Höhen. Das ist etwas, was wir gar nicht bedacht hatten, als wir gebucht haben, dass ja dieses Jahr dieses Jubiläum der Queen ist und außerdem auch noch Olympiade. Ich glaube, beide Großereignisse haben wir schon mitbezahlt.
LöschenDanke für den schönen Bericht :-) ich war schon ewig nicht mehr in London... und im Moment laviere ich nach dem Infekt mit einer Magen-Darm-Malaise, deshalb kann ich mich gerade nicht für Essen begeistern. Aber bestimmt geht's mir bald wieder gut! Wir haben 25°C, unglaublich...
AntwortenLöschenVor dieser Reise war ich auch schon ewig nicht mehr dort. Ich rechne lieber gar nicht nach, wie lange schon nicht.
LöschenMagen-Darm-Geschichten sind grauslich. Du Arme! Ich wünsche dir gute Besserung!