Es gibt wohl kaum etwas, das Wienerischer wäre als der Tafelspitz. Bereits im 16. Jahrhundert wurden Rinder von Ungarn nach Wien gebracht und Rindfleisch war ab diesem Zeitpunkt ein wichtiger Bestandteil der Ernährung. So viel ich im Netz finden konnte, geht die Geschichte vom Tafelspitz geht bis ins 19. Jahrhundert zurück. Berühmt wurden die Tafelspitz-Geschichten um Kaiser Franz Josef I., der bekannt sparsam war und daher gekochtes Rindfleisch, das damals als Arme-Leute-Essen galt, regelmäßig auf seinem Tisch sehen wollte. Aber er hat die Köche natürlich nicht davon abgehalten, dafür ein sehr gutes Stück Fleisch zu verwenden. Dadurch wurde das damals durch die großen Rindbestände in Ungarn recht günstige Fleisch salonfähig - gesottenes Rindfleisch mit Gemüse trieb diverse Köche zu Höchstleistungen an und dementsprechend vielfältig sind die Beilagen, die auch heute noch dazu serviert werden.
Häufig gibt es Spinat, Spiegelei und Erdäpfelschmarrn zum Tafelspitz, aber auch Kochsalat mit Erbsen, Schnittlauchsoße, Apfelkren, Kohlgemüse - die Liste ließe noch lange fortsetzen.
Traditionellerweise isst man die Suppe mit den Markscheiben auf geröstetem Schwarzbrot. Natürlich sind auch alle anderen Suppeneinlagen möglich - typisch wienerisch sind Grießnockerln und Frittaten.
Der derzeit wohl berühmteste Tafelspitz kommt aus dem Hause Plachutta. Und wie sich das für eine Wienerin gehört, stehen natürlich beide Plachutta-Kochbücher in meinem Kochbuchschrank. Das Rezept ist aber nicht wortwörtlich daraus übernommen, weil Tafelspitz zu meinem Standardgerichten gehört und ich da nicht extra nachschlage.
Für 6 Personen
2 kg Tafelspitz
300 g Wurzelwerk, geschält (Karotte, gelbe Rübe, Sellerie zu gleichen Teilen), geputzt
1 Zwiebel mit Schale, halbiert
1/2 Stange Lauch
Salz
Liebstöckel
6 Scheiben Markknochen
6 Stück Fleischknochen
Schnittlauch
Schwarzbrottoast für die Markscheiben
Die Zwiebel mit Schale in einer Pfanne ohne Fett an den Schnittflaechen dunkel anrösten. Knochen und Fleisch waschen, abtrocknen. Der Fettdeckel und die dünne Hautabdeckung müssen erhalten bleiben. Etwa 3 Liter Wasser zum Kochen bringen, Fleischknochen einlegen und schwach wallend kochen. Zwiebelhälften, Pfefferkörner und Liebstöckel beigeben. Schaum und Trübstoffe laufend abschöpfen. Nach einer Stunde das Fleisch dazugeben, ca. 1 Stunde vor Garende Lauch und Wurzelgemüse dazugeben.
Das Fleisch aus der Suppe heben, diese abseihen, wenn nötig salzen. Markknochenscheiben einlegen und noch 5 Minuten ziehen lassen. Das Fleisch gegen den Faserverlauf in fingerdicke Scheiben schneiden, mit etwas Suppe und Schnittlauch bestreuen.
Das Innere der Markknochen wird bei Tisch herausgelöst und auf getoastetem Schwarzbrot serviert.
Garungsdauer gesamt: 3 Stunden, Fleisch 2 Stunden
Andere Fleischarten haben kürzere Garzeiten, also wenn jemand ein Schulterscherzl, einen Kruspelspitz, ein mageres Meisl oder sonst etwas nimmt, reichen normalerweise eineinhalb Stunden.
Tipp von Plachutta: Das Fleisch niemals im heißen Zustand trocken liegen lassen.
Die Rezepte für die Beilagen folgen in Kürze. Es gab Erdäpfelschmarrn, Dillfisolen und Semmelkren.
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